Grün, grün, grün sind alle meine Farben. Oder: Kriterien zur Auswahl einer Öko-Druckerei.
Der folgende Artikel soll dir etwas mehr Klarheit über Umweltschutzmaßnahmen in Druckereien verschaffen. Er soll dich dazu befähigen, Druckbetriebe zu identifizieren, die sich aufrichtig und mit sinnvollen Maßnahmen für den Umweltschutz stark machen.
Buzzword-Bingo im Öko-Dschungel
Hier ein paar Kostproben:
- Nachhaltiges Drucken
- Öko-Druck
- Bio Druck
- Green Printing
- Ökodruckerei
- Klimaneutrales Drucken
- Eco Printing
- CO2-Kompensiertes Drucken
- Umweltdruckerei
- CO2-neutraler Druck
- Klima Druck
- Emissionsfreies Drucken
- Grüne Druckerei
Es gibt also Druckereien, die sich als umweltfreundlich bezeichnen, wenn nur – etwas überspitzt formuliert – der Abfall korrekt getrennt wird. Das baut nicht gerade Vertrauen auf und macht die Auswahl wirklich engagierter Druckereien nicht einfacher.
Was zeichnet eine Öko-Druckerei aus?
Dieses edle Ziel ist selbstverständlich nie erreicht. Neue Produkte, Technologien, Berechnungsmodelle, Anforderungen sowie Erkenntnisse machen einen zirkulierenden, sich ständig in Frage stellenden Prozess notwendig. Die Verbesserung von Umweltleistungen sollte daher immer an einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) gekoppelt sein. Das eigene Handeln ist jedoch nur eine von vielen Stellschrauben. Selbstverständlich sollte eine Öko-Druckerei auch ihre Zulieferer (wie beispielsweise Farben- und Papierhersteller, Stromerzeuger) unter ökologischen Gesichtspunkten auswählen. Letztlich ist auch der Druckereikunde über die ökologischen Aspekte seines Einkaufsverhaltens umfassend zu informieren. Denn die Auswahl von Materialen, passgenauen Auflagen und Drucktechnologien haben mitunter den größten Einfluss auf die Ökobilanz gedruckter Publikationen.
Ich möchte auch erwähnen, dass die Herstellung von Druckereierzeugnissen (zum gegenwärtigen Stand der Technik) kein umweltfreundlicher Prozess ist und möglicherweise auch nie sein wird. Die Produktion von Gütern und Bereitstellung von Dienstleistungen beeinflusst unsere Umwelt immer und leider überwiegend negativ. Das Ausmaß der Schädigung lässt sich aber unter bestimmten Bedingungen massiv verringern. Eine Öko-Druckerei ist folglich kein Betrieb, der die Umwelt überhaupt nicht schädigt. Eine ökologisch ausgerichtete Druckerei nimmt aber Anstrengungen in Kauf, um diese Belastung so gering wie möglich zu halten.
Handelt eine Öko-Druckerei auch nachhaltig?
Beschäftigt sich eine Druckerei neben ökologischen Aspekten auch mit wirtschaftlichen und sozialen Themen, können wir (eher) von einem nachhaltig agierenden Produktionsbetrieb sprechen. Hierbei beschäftigen sich entsprechende Unternehmen beispielsweise mit folgenden Themen:
- Senkung von Arbeitszeiten
- Weitestgehend freie Einteilung der Arbeitszeit
- Gleichstellung von Frau und Mann
- Einheitslohn für alle Angestellten
- Ethische Finanzdienstleistungen
- Unterstützung von (gemeinnützigen) Organisationen mit Geld- und / oder Sachleistungen
Aber auch der Nachhaltigkeitsbegriff ist nicht normiert und es existieren hierzu verschiedene Denkmodelle. Es gibt sogar grundsätzliche Kritik am Nachhaltigkeitsdiskurs. Es lässt sich aber vielleicht behaupten, dass Nachhaltigkeit immer die Ökologie, Ökonomie sowie das Soziale mit einschließen sollte.
An dieser Stelle lässt sich dieses Thema nicht erschöpfend behandeln. In einem späteren Artikel berichte ich ausführlicher und grundsätzlicher über den Nachhaltigkeitsbegriff.
Wie identifizierst du Druckereien, für die Nachhaltigkeit mehr als ein Marketinginstrument ist?
Folgend erläutere ich die gängigsten Zertifizierungen und Maßnahmen, mit denen Druckereien gerne ihr ökologisches Handeln belegen und kommunizieren.
Zertifizierungen
Zertifizierungen nähren eine ganze Industrie und nicht immer sind diese frei von Kritik. Viele, insbesondere kleinere Betriebe, scheuen die teilweise hohen Ausgaben und Anforderungen für entsprechende Maßnahmen und entsagen sich ganz bewusst dem Zertifizierungswahn. Dies wiederum sagt aber nichts über die Arbeitsqualität aus. Eine Druckerei, welche sich nicht zertifizieren lässt, kann dennoch eine bessere Umweltleistung haben, als eine Organisation, die nach einem bestimmten Umweltmanagementsystem zertifiziert ist. Eine Zertifizierung ist daher immer nur ein Indiz, wird aber oft von großen Auftraggebern verlangt, um überhaupt Druckjobs in entsprechenden Druckereien zu platzieren. Folgend findest du Infos zu den relevantesten Zertifizierungen nebst einer persönlichen Einschätzung.
EMAS
Der in meinen Augen größte Benefit dieses Systems ist die Umwelterklärung, die alle 1-2 Jahre (je nach Unternehmensgröße) verfasst und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden muss. Nach EMAS zertifizierte Organisationen machen Fortschritte bei der Verbesserung ihrer Umweltleistung also transparent und damit für außenstehende Interessengruppen bewertbar. Zudem benötigt eine Zertifizierung nach EMAS eine hohe Lern- und Organisationsbereitschaft. Schließlich muss ein funktionierendes Umweltmanagement von allen Mitarbeitern sowie dem Management gelebt werden, damit dieses funktioniert.
Dieses Umweltmanagementsystem ist sicherlich ein starkes Indiz für den gelebten Umweltschutz in einer Öko-Druckerei. Der Aufwand für diese Zertifizierung ist hoch und die Verbesserung der Umweltleistung einigermaßen transparent. Für dich als Drucksacheneinkäufer kann es sich lohnen, einige Umweltberichte zu lesen, um Fortschritte in Bezug auf die Umweltleistung einer Druckerei zu erkennen, an die du ggf. in Zukunft Druckjobs vergeben möchtest.
ISO 14001
In meinen Augen ist die ISO 14001 daher ein eher schwaches Indiz für ein umweltfreundliches Unternehmen. Viele Druckereien, die nach ISO 14001 zertifiziert sind, sind dies aber auch nach EMAS.
Produktkettenzertifizierung nach FSC oder PEFC
Ich kenne Druckereien, die ausschließliche eine FSC- oder PEFC-Zertifizierung besitzen und hiermit ein gewisses Umweltbewusstsein suggerieren. Auch sind der FSC und das PEFC und seine Zertifizierungspolitik nicht frei von Kritik. Ich denke, eine Produktkettenzertifizierung nach diesen Standards ist als Einzelmaßnahme nicht geeignet, um seinen Druckbetrieb als besonders umweltfreundlich darzustellen. Im Zusammenspiel mit anderen Maßnahmen kann eine entsprechende Zertifizierung aber durchaus sinnvoll sein.
Blauer Engel für Druckerzeugnisse
- Druckprodukte müssen überwiegend aus Papier oder Karton bestehen
- Die eingesetzten Papiere und Kartons müssen überwiegend aus Recyclingfasern hergestellt sein
- Nachwachsende Rohstoffe, in z.B. Farben, dürfen nicht gentechnisch verändert sein
- Klebstoffe, Farben, usw. müssen unbedenklich gegenüber Umwelt und Gesundheit sein
- Das Produkt muss recycelbar und deinkbar sein
Auch die Öko-Druckerei selbst, muss Anforderungen erfüllen, damit sie Druckprodukte mit dem Blauen Engel auszeichnen darf. Dazu gehören beispielsweise:
- Zertifizierung nach EMAS
- Quantifizierte Umweltziele, mit Definition von zeitlichen Zielen
- Energiemanagementsystem nach ISO 50001
- Aktuelle Umweltpolitik und aktuelles Umweltprogramm
- Bereitstellung diverser Kennzahlen
- Regelmäßige Prüfung diverser technischer Anlagen in der Druckerei
Der Blaue Engel belegt also nicht nur ein weitestgehend umweltfreundliches und gesundheitlich unbedenkliches Druckprodukt. Auch die Druckerei muss umfangreiche Maßnahmen im Bereich der Ökologie belegen. Druckereien, die autorisiert sind, den Blauen Engel für Druckerzeugnisse anzubieten, arbeiten daher mit großer Wahrscheinlichkeit besonders umweltfreundlich.
Maßnahmen
Klimaneutrales Drucken
Es gibt auch Ökodruckereien, welche Ihre gesamten Emissionen pauschal über entsprechende Zertifikate kompensieren. Die Höhe der zu zahlenden Gelder ist dabei abhängig von der Höhe der verursachten Emissionen. Der wirtschaftliche Anreiz, die Emissionen über weitreichende Umweltschutzmaßnahmen zu senken um die Ausgaben für entsprechende Zertifikate zu verringern, ist aber gering, da die Kosten für Klimaschutzzertifikate nicht besonders hoch sind.
Ich denke, dass die reine Implementierung eines CO2-Rechners kein starkes Indiz für eine ökologisch ausgerichtete Unternehmensstrategie ist. Zwar müssen sich alle Betriebe, die einen entsprechenden Rechner implementieren möchten, einem kleinen Öko-Audit unterziehen und es gilt der Grundsatz
aber in meinen Augen reicht das nicht weit genug. Schließlich ist die Implementierung und Nutzung eines CO2-Rechners nicht von der Umweltleistung der Druckerei abhängig. Aber: Für viele Druckereien mag die Implementierung eines C02-Rechners ein guter Einstieg in den Umweltschutz sein, aus dem sich möglicherweise ein stärkeres Engagement entwickeln kann. Ich denke, dass eine Öko-Druckerei immer die Berechnung von Emissionen und anschließende Kompensation spezifischer Druckaufträge anbieten sollte. Dies bedeutet jedoch nicht, dass jede Druckerei, die diese Möglichkeit anbietet, besonders umweltfreundlich agiert.
Im Zusammenspiel mit anderen Maßnahmen ist die Kompensation (auch Stilllegung, Ausgleich oder Neutralisierung genannt) von CO2-Emissionen jedoch ein toller Weg, um zukünftig und an anderer Stelle klimaschädliche Gase zu vermeiden. Nicht nur das: Gute Projekte, die mit entsprechenden Geldern gefördert werden, haben möglicherweise auch größere und weitreichendere Dimensionen, wie folgendes Beispiel belegt:
Ökostrom
Ausschließlicher Einsatz von Recyclingpapieren
Es gibt aber auch nachhaltige Druckereien, die ihre Kunden intensiv und aktiv über den Einsatz von Recyclingpapieren informieren. Auch dies ist für mich ein absolut gangbarer Weg. Schließlich bewegen wir uns bei ökologischen Fragestellungen immer auch im Spannungsfeld wirtschaftlicher Zwänge und individueller Kundenbedürfnisse.
Bio-Druckfarben
Auch wenn die Umweltauswirkungen der eingesetzten Druckfarben eines Druckproduktes im Vergleich gering sind, ist dies eine sinnvolle Maßnahme hin zu einem umweltfreundlicheren und gesundheitlich unbedenklicheren Druckprodukt.
Verzicht auf UV-Trocknung
Aus ökologischer Sicht haben UV-Farben jedoch 2 große Nachteile:
- Ausgehärtete UV-Druckfarben bilden eine Kunststoffschicht auf dem Druckbogen. Dies erschwert oder verhindert das Recycling entsprechender Druckprodukte. Zudem ist Kunststoff aus ökologischer Sicht immer ein Problemfall.
- Der Energieverbrauch ist höher als bei einer konventionellen Trocknung.
Meiner Meinung nach sollte eine Öko-Druckerei, die es mit dem Umweltschutz ernst meint, immer auf eine UV-Trocknung verzichten, um glaubwürdig zu sein.
Mitarbeitermotivation und Verhaltensänderungen
- Bildung von Fahrgemeinschaften
- Umstieg vom Auto auf den öffentlichen Nahverkehr oder auf das Fahrrad
- Vermeidung von Flugreisen (privat und geschäftlich)
- Implementierung eines internen Vorschlagswesens (Mitarbeiter bringen eigene Ideen zur Verbesserung der Umweltleistung ein)
- Vermeidung langer Strecken bei Kundenbesuchen
- Weitestgehender Verzicht auf Fleisch (in der Kantine und privat)
- Einsatz von Recyclingpapieren für private und geschäftliche Korrespondenz
- Bewegungsmelder für Raumbeleuchtung
- Vermeidung von Standy-Betrieben
Weitere Umweltschutzmaßnahmen in Öko-Druckereien
- Wärmerückgewinnungsanlagen
- Papermanagement zur Vermeidung unnötiger Strecken bei der Papieranlieferung
- Photovoltaikanlagen auf z.B. dem Dach der Druckerei
- Reduzierung von Verpackungsmüll
- CO2-neutraler Versand
- CO2-neutrales Hosting der Firmenwebseiten
- Regelmäßige Überprüfung der Druckluftanlagen auf Leckagen
- Etablierung stabiler Prozesse zur Vermeidung unnötiger Makulaturen
- Alkoholfreier, alkoholreduzierter oder wasserloser Offsetdruck
- Waschmittelrecycling
- Wasserloser Offsetdruck
- Chemiefreie Druckplattenbebilderung
- …
Ist weniger schlecht gleich gut? Meine Empfehlung bei der Auswahl einer Öko-Druckerei.
Folgend habe ich die in meinen Augen vier wichtigsten Punkte aufgelistet, die es dir einfacher machen sollen, eine aufrichtig im Umweltschutz engagierte Druckerei zu identifizieren.
Regelmäßige Veröffentlichung einer Umwelterklärung
Aktive Kundenberatung im Bereich Recyclingpapiere
Blauer Engel für Druckerzeugnisse
Klimaneutrales Drucken
Bei der Herstellung von Drucksachen entstehen immer umweltschädliche Emissionen. Eine Druckerei kann nur die Mengen innerhalb bestimmter Grenzen reduzieren. Es macht folglich Sinn, unvermeidbare Emissionen über Klimaschutzzertifikate zu kompensieren. Mit CO2-Rechnern lässt sich relativ exakt ermitteln, wie viele Emissionen durch deinen Druckjob entstehen. Die Menge der Emissionen bestimmt die Höhe der Zahlungen für entsprechende Zertifikate. Mit den eingenommenen Geldern werden Projekte realisiert, die es an einem anderen Ort und zu einer späteren Zeit ermöglichen, Emissionen einzusparen. Aber Achtung: Eine aufrichtige Öko-Druckerei sollte in meinen Augen immer auch das klimaneutrale Drucken anbieten. Dies bedeutet jedoch nicht, dass jeder Betrieb, der diese Möglichkeit bietet, auch eine aufrichtige Öko-Druckerei ist.
19 Kommentare
Hallo Marko,
ich habe mich nun seit mehr als 5 Jahren sehr intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt da ich diesen Missstand bei den Druckereien bemerkt habe und stand am Anfang erst mal vor dem Problem, dass 1. die Papiergroßhändler nicht wussten, wo das Papier überhaupt hergestellt wurde (Die Fahrt von der Fabrik zur Druckerei sollte man nicht unterschätzen) und 2. die Papierhersteller nicht preisgeben, woher ihre Rohstoffe kommen. Dies alleine führt schon dazu, dass man das “cradle-to-cradle” Prinzip bei den Druckereien aktuell nicht anwenden kann. Zum anderen gibt es immer wieder diese zwei Eckpunkte. Entweder möchte man etwas Nachhaltig oder man möchte etwas Schadstoff-frei. Beides geht gerade nicht. Beim Recyclingpapier zum Beispiel sind “immer” Reste von Mineralöl, Quecksilber, Cobalt, und so weiter drin.
Ich selbst bin da fast am verzweifeln weil kaum ein Lieferant – weder Papier noch Farbe, noch Druckplatten, etc. hier bereit ist, selbst etwas am Prozess zu verändern und Papier, Farbe und Druckplatten sind hier nur ein kleiner Teil in der Gesamten Produktionskette einer Druckerei.
Ich würde mich sehr auf einen Austausch mir dir freuen.
Liebe Grüße aus Pfullingen,
Martin
Hallo Martin,
ja, das Thema ist komplex. Es kommt auch immer darauf an, was gewollt ist und wie man für sich Nachhaltigkeit definiert.
Pauschale Aussagen und Lösungsvorschläge greifen deutlich zu kurz. Ich betrachte jeden Job individuell. Es geht in meinen Augen auch nicht darum, “perfekt” nachhaltig im ökologischen Sinne zu sein. Das Druckprodukt selbst soll ja auch attraktiv sein, das ist für mich persönlich am wichtigsten. Die Druckerei hat auch nur einen geringen Einfluss auf die Ökologie einer Produktion. Die vorgeschalteten, konzeptionellen Überlegungen scheinen mir deutlich wichtiger zu sein.
Hallo Marko,
danke für die Bereitstellung dieser super Infos.
Ich bin auf der Suche nach eine DigitalDruckerei (wegen kleiner Auflage) mit insgesamt guter Ökobilanz für die Umsetzung eines Kunstprojekts.
Du hattest ja angedacht eine Liste von Druckereien zu veröffentlichen.
Was ist daraus geworden?
Ich würde mich sehr freuen, da von dir Vorschläge zu sehen.
Beste Grüße,
Marlen
Hallo Marlen,
auf Umdex.de findest du eine Liste von Druckereien, die nach z.B. EMAS zertifiziert sind.
Ich selbst spreche hier keine expliziten Empfehlungen für “nachhaltige Druckereien” aus, da ich denke, dass dieses Vorgehen deutlich zu kurz greift.
Siehe auch:
https://printelligent.de/ganzheitlich-statt-nachhaltig-drucken/
Super interessant, vielen Dank!
Sehr gerne!
Ein Freund von mir will sich Visitenkarten drucken lassen und möchte diese auch auf Recyclingpapier drucken lassen. Außerdem hat er ein minimalistisches Design verwendet, um möglichst wenig Tinte zu verbrauchen. Ich werde ihm auch anbieten die Karten Korrektur zu lesen, damit eventuelle Fehler vermieden werden können. Danke für den Tipp!
Aber sehr gerne doch!
Hallo Marko,
finde Deine Ausführungen zum Thema ‘Auswahl der richtigen Umweltdruckerei’ echt spannend und gehe mit eigentlich allen Punkten d’accord.
Ergänzend noch ein zwei Punkte:
– Eine spannende und vor allem aussagekräftige ‘Zertifizierung’ ist das SMETA Audit = SMETA (Sedex Members‘ Ethical Trade Audit). Hierbei werden vor allem die sozialen Aspekte beim Thema Nachhaltigkeit in den Vordergrund gehoben und alles in Bezug auf Arbeitsbedingungen, Arbeitssicherheit, Hygiene aber auch Umweltmanagement in der gesamten Lieferkette eines Unternehmens durch ein Audit analysiert und bewertet.
– Sehr sehr spannend ist vor allem das Thema ‘cradle-to-cradle’ (vom Ursprung zum Ursprung). Das ist eine der wohl nachhaltigsten und ökologischsten Zertifizierungen, die eine Druckerei haben kann. Das bedeutet, dass alle Inhaltsstoffe des Druckprodukts (Papier, Farbe, Lack, Klebstoff etc.) 100% biologisch abbaubar und kompostierbar sind. In Deutschland hat diese Zertifizierung meines Wissens bislang noch keine Druckerei, da es eine Komplett-Umwälzung der gesamten Produktionskette bedeutet. Ich bin gegenwärtig dabei 2 Druckereien innerhalb eines Koop-Projektes auf cradle-to-cradle umzustellen und beschäftige mich daher intensiv mit diesen Themen. Freue mich, wenn wir dazu einmal Kontakt zu einander aufnehmen. Wäre sicherlich einen eigenen Beitrag wert 🙂
– Der letzte Punkt: Es gibt auch Druckereien, die einerseits enorm Energie einsparen und ökologisch aktiv sind, das aber nicht in einem eigens dafür vorgesehenen Zertifikat geltend machen können. So druckt eine der besagten 2 Druckereien, mit denen ich zusammenarbeite zu 100% mit Sonnenenergie, erzeugt durch 30.000m² Solarzellen auf dem Gebäude. Darüber hinaus wird hier auch die komplette Palette von Recycling-Papieren, Biofarben etc. eingesetzt. Einige Kunden werden dahingehend beraten, dass ein klimaneutral gedruckt-Logo weit weniger aussagekräftig ist, wie wenn man das Versprechen geben kann, dass zu 100% mit Sonnenenergie gedruckt wurde, zu 100% Biofarben eingesetzt wurden und wasserreduziert bzw. alkoholfrei gedruckt wurde. Nur gibt es dafür kein Zertifikat, das von den Kunden so akzeptiert wird wie ein klimaneutral gedruckt-Logo… das ist dann aber wieder eine Sache des Marketings 🙂
Grüße,
Florian
Hallo Florian,
vielen lieben Dank für deine Ergänzungen.
Deine Punkte werde ich entsprechend nachpflegen.
Bezüglich “cradle-to-cradle” melde dich gerne bei mir.
Grüße
Marko
Das ist zwar wirklich ein gut recherchierter Artikel, aber mir fehlen Links!
Warum werden keine Druckereien empfohlen? Ich suche nach einer Lösung. Hier hat sich jemand sehr viel Mühe gemacht, aber ich muss jetzt mit diesem Wissen auf die Suche gehen und Druckerei FAQ’s durchforsten…
Schade
Hallo Viktoria, ich habe mich bewusst gegen eine Verlinkung zu entsprechenden Druckereien entschieden. Die jeweiligen Anforderungen an eine umweltfreundliche Druckproduktion können sehr unterschiedlich sein und werden eben nicht von jeder Druckerei befriedigt, die ich hier verlinken könnte. Es ist auch so, dass die Druckerei nur eine Teilrolle im Gesamtprozess spielt. Viel wichtiger als die Auswahl einer umweltfreundlichen Druckerei ist die Produktentwicklung. Siehe hierzu auch meinen Artikel mit Tipps zum Umweltfreundlichen Drucken:
https://printelligent.de/umweltfreundlich-drucken/
Dennoch greife ich deinen Einwand auf. Ich erstelle demnächst eine Liste mit umweltfreundlichen Druckereien und deren Besonderheiten, bzw. Gemeinsamkeiten.
Grüße
Marko
Ich könnte noch eine ganze Menge ergänzen, aber mir brennen eine paar Punkte auf der Seele:
FSC / PEFC sind leider total intransparent und es ist bekannt, das sie auch aus unbekannten Quellen Holz aufkaufen. Diesen Sigeln schenke ich schon lange keinen Glauben mehr und gehören für mich wie der WWF und MSC zum Etikettenschwindel.
Recyclingpapiere: Es ist ein Irrglaube, das diese umweltfreundlich sind.
Ein paar Punkte dazu: Papier welches wir in die Papiertonne tun, ist aufgrund unterschiedlicher Veredlungen/Druckverfahren/Papierarten usw. kaum zu trennen und zu recyclen. Das wenige Altpapier das zu Recyclingpapier wird, braucht viel Energie, Wasser und Chemie, um daraus Recyclingpapier zu machen.
Das 3. Problem ist: Das der Bedarf von Recyclingpapier so groß ist, das gar nicht genug Altpapier vorhanden ist, sodass neue Cellulose zu Recyclingpapier gefaked wird. Das hat mich sehr geschockt, als ich diese Sachverhalte kennen lernen musste.
Ein weiteres Problem, was du nicht angesprochen hast, ist die Buchbinderische Weiterverarbeitung. Fadenheftungen bestehen seit Jahren aus Plastik, ebenso Lesebändchen. Überhaupt das Plastik, das für Buchveredlungen (Folienkaschierungen, verpflichtende Folienverpackungen für Amazon etc.) eingesetzt wird.
Daher ist meine Divise: Der Druckerei und Buchbinderei viele Fragen stellen und erfahren wer wirklich an Veränderungen interessiert ist und selber Printprodukte bestellen, von denen man weiß, dass man nicht das umweltschädlichste bestellt (Verzicht auf Glanzlacke etc.). Auch wenn man weiß, das Druckereierzeugnisse nach wie vor zum größten Teil umweltschädlich sind. Und der Ablasshandel vieler Druckereien macht es noch schlimmer…
Was mich am meisten frustriert, ist die Tatsache, wie wenige umweltfreundliche Druckereien es gibt und wie herkömmliche Druckereien kommunizieren und die Umweltprobleme verleugnen. Bei vielen darf man das Thema gar nicht anschneiden, da wird man schon unfreundlich behandelt.
Danke für deine Zusammenfassung. So ausführlich habe ich es noch nie gelesen….
Herzliche Grüße, Jana
Liebe Jana, vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar!
In diesem Artikel geht es ausschließlich um die Auswahl einer umweltfreundlichen Druckerei.
Viele der von dir aufgeführten Einwände beziehen sich auf die Ausstattung einer Drucksache.
Diese Aspekte beleuchte ich teilweise in diesem Artikel über das umweltfreundliche Drucken:
https://printelligent.de/umweltfreundlich-drucken/
Ganz ausführlich wird es dann in meinem Ratgeber, der in den kommenden Monaten als Buch erscheinen soll.
Völlig unabhängig davon hast du natürlich mit allen deinen Argumenten recht. Drucken ist immer eine dreckige Angelegenheit. Mit geeigneten Strategien hat man lediglich die Möglichkeit, die entsprechenden Umweltauswirkungen zu minimieren.
Grüße
Marko
Hallo Marko,
ich sehe Druckerei und Buchbinderei eigentlich als eine Sache, weil viele Printprodukte auch eine Buchbinderei brauchen. Aber da sieht man, wie komplex die ganze Geschichte ist.
Ich habe deinen Newsletter abonniert, denn ich bin sehr gespannt auf dein Buch. Ich kenne mich dazu recht gut aus, also wenn du ein Feedback brauchst, kannst du mich gerne fragen.
Ich selber schreibe auch an einem neuen Buch zur Naturfotografie und ich möchte dieses im Eigenverlag ökologisch drucken und binden lassen. Das stellt mich vor eine große Herausforderung und der Frage wo man einen Kompromiss machen muss, dass kannst du dir sicherlich vorstellen…
Viele Grüße
Jana
Hey Jana, klar, irgendwo muss du einen Kompromiss machen. Ich denke, man darf die Sache auch nicht zu verkopft angehen. Wenn einige Regeln beachtet werden, dann ist ja schon viel gewonnen. Gerne komme ich auf dein Angebot zurück und kontaktiere dich, sollten Fragen auftauchen.
Übrigens: Vielleicht ist Graspapier ja eine Alternative zu Frischfaserpapier für dich. Ich habe einen Interview mit dem Erfinder geführt. Das Interview findest du hier: https://printelligent.de/umweltfreundlich-drucken-mit-graspapier/
Auch wenn ich das meiste schon kannte: so umfassend und kompakt habe ich die relevanten Punkte in einem Artikel noch nie zusammengefasst gesehen. Vielen Dank dafür!
Vielleicht noch zwei Ergänzungen:
– Bei den Audits und Zertifikaten erscheint mir das GWÖ-Testat (Bilanz nach Gemeinwohlökonomie) erwähnenswert, zumal bereits mehrere Druckereien in Deutschland und Österreich nach GWÖ bilanzieren.
– Beim Punkt Ökostrom ist es wichtig, genau hinzuschauen: Viele der Tarife sind nur am Strommarkt aufgekaufte Überproduktionen aus skandinavischer Wasserkraft. Das ist dann vergleichbar mit CO2-Zertifikaten. Echter Ökostrom (hier sollte die Druckerei den Anbieter nennen) investiert in eigene oder zumindest neue regenerative Energiequellen und das zu 100 %.
Vielen Dank!
In den beiden genannten Punkten stimme ich vollkommen mit Ihnen überein. Ich werde dies in den kommenden Tagen nachpflegen.