»Die Liebe zu Papier und Print, Menschen, Tieren und der Natur ist mein Motor für verantwortungsvolles Handeln.«
Silvia Wiener ist eine umtriebige und engagierte Papier- und Druckspezialistin. Nach vielen interessanten Stationen in der Branche arbeitet Sie nun für Lenzing Papier, einer besonders nachhaltig aufgestellten Papierfabrik aus Österreich. Mit diesem Interview möchte ich etwas mehr über Silvia, ihren Antrieb, Ihre Werte und natürlich auch über ihren neuen Arbeitgeber erfahren, der als Öko-Pionier der Papierbranche gilt. Viel Spaß mit diesem lesenswerten Interview!
Liebe Silvia, für den Einstieg in unser Interview stelle dich doch bitte einmal vor.
Sehr gerne! Ich bin Silvia Wiener und seit Jahrzehnten Ratgeberin bei der Umsetzung von Printprojekten. Die meiste Zeit davon auf Großhandelsseite. Eine kaufmännische Ausbildung habe ich auch in einer Druckerei gemacht und durfte auch – ohje, das ist auch schon fast acht Jahre her – als Mitglied der Geschäftsleitung und Vertriebsleiterin für eine damals sehr innovative Druckerei, nämlich Eberl Print, 3 Jahre wertvolle Erfahrungen sammeln. Leidenschaftlich vertrete ich den Kanal Print als festen Bestandteil nachhaltiger Unternehmenskommunikation.
Seit kurzem stehe ich nun mit Lenzing für Premium-Recyclingpapiere, produziert mit höchsten Umweltstandards, für ehrliche Beratung und für partnerschaftlichen Austausch und Zusammenarbeit. Die Liebe zu Papier und Print, Menschen, Tieren und der Natur ist mein Motor für verantwortungsvolles Handeln.
Viele kennen dich sicherlich aus deiner Zeit als Leiterin der Printmedien-Beratung bei der Inapa, die sich nun OVOL nennt . Nun bist du zu der Papierfabrik Lenzing Papier GmbH aus Österreich gewechselt. Was hat dich dazu bewegt und womit beschäftigst du dich nun bei Lenzing Papier?
Was macht Lenzing Papier in deinen Augen so einzigartig?
Die Menschen! Der Respekt vor Menschen und der Natur scheint bei allen, mit denen ich bei Lenzing Papier bisher zu tun hatte, ganz selbstverständlich in den Genen zu liegen. Und so handeln sie entsprechend im Umgang mit Ressourcen, Mitarbeitenden und Partnern. Auch bei Alexander Zacherl, der zweite Gesellschafter und Leiter der Finanzen bei Lenzing Papier GmbH, ist dieses „Gen“ stark ausgeprägt. Ich erwähne das hier, da ich bisher nie einen „Finanzer“ kennenlernte, der so ist.
Du betonst besonders das nachhaltige Handeln deines neuen Arbeitgebers. Was macht Lenzing Papier auf diesem Feld so besonders?
Da gibt es viele Maßnahmen, die ich kennengelernt habe, die auch durch anerkannte Zertifizierungen bestätigt sind. Wir deinken selbst und sicherlich ist auch der Standort und die Bedingungen, die uns die Möglichkeiten geben, so verantwortungsvoll produzieren zu können sehr besonders. Die Fabrik entstand 1892 mit der Produktion von Papier. Die Entwicklung ging dann sehr stark in die Produktion von sogenanntem Dissolving-Zellstoff, der für die Textilproduktion verwendet wird. Hier ist Lenzing AG weltweit aufgestellt und ein wichtiger Hersteller dieser Fasern, die biologisch und nachhaltig produziert werden.
Da man sich auf das Kerngeschäft konzentrieren wollte, wurde die Papierfabrik dann im Jahr 2008 an meinen Chef Ernst Brunbauer verkauft. Wir produzieren auf dem Areal der Lenzing AG und bringen uns gegenseitig einen großen ökologischen Nutzen. Wir nutzen die Abwärme der Lenzing AG für unsere Papierproduktion und haben so z.B. einen sehr geringen CO2 Ausstoß. Außerdem haben wir keinerlei Deponieabfälle. Alles bleibt im Werk und wird thermisch verwertet. Wir nutzen gemeinsam die Kläranlage und das Wasser des Flusses Völkla, der durch unser Werk fließt. Unseren Strom aus erneuerbaren Energien kaufen wir bei Lenzing AG.
Warum macht das Deinken direkt in der Fabrik ökologisch so viel Sinn?
Papierfabriken, die nicht deinken, müssen DIP (Deinked Pulp) zukaufen. Wird Altpapier deinkt und der Faserstoff nicht direkt auf die Papiermaschine geschickt, muss dieser erst mit viel Energie getrocknet werden, um dann (von wo nach wo auch immer) zur Produktionsstätte transportiert zu werden. In der Papierfabrik wird dann der deinkte Faserstoff mit viel Wasser wieder vermischt, um dann in den Stoffauflauf der Maschine zu gelangen. Recyclingpapiere, hergestellt in einer Papierfabrik mit eigener Deinking-Anlage, haben bessere Werte beim Energie- und Wasserverbrauch, vor allem aber einen signifikant niedrigeren CO2 Ausstoß. Leider sind diese Unterschiede in keinem direkten Vergleich in Paperprofils zu sehen, da diese erst ab Produktion der Papiere auf der Papiermaschine angegeben werden.
Beschreib doch mal euren Geschäftsführer. Woher kommt seine Motivation sich derart zu engagieren?
Ernst Brunbauer ist Hauptgesellschafter der Lenzing Papier GmbH. Was mir dazu spontan einfällt: Mensch! Ich erlebe ihn als sehr gebildeten Macher, vielseitig interessiert, wertschätzend, familiär, sportlich und sehr naturverbunden. Er strahlt sehr viel Ruhe und Souveränität aus, hat eine klare Vorstellung davon, wie sich das Unternehmen ausrichtet, hört zu und ist sehr offen für Ideen und neue Wege. Was ihn motiviert? Ich habe vor mittlerweile mehr als einem Jahr einmal ein Interview mit ihm geführt. Er sagte da, dass er sich in den 70er und 80er Jahren maßlos darüber geärgert habe, wie die Produktionsbedingungen da waren. Und seither verfolgt er das Ziel die Papierindustrie besser zu machen. Er hat eine starke Nähe zur Natur und will diese erhalten. Er gehört nicht zu denen, die sich auf der Straße ankleben, sondern zu denen, die aktiv was tun, damit sich Dinge ändern. Außerdem wollte er seit seiner Ausbildung eine eigene Fabrik haben. Er sagt:
Wie sieht das Produktportfolio aus und unter welchen Handelsmarken sind die Papiere wo zu bekommen?
Im Wesentlichen produzieren wir Naturpapiere mit hohen Qualitäts- und Umweltstandards. Unsere Recycling-Naturpapiere stehen Frischfaserpapieren in nichts nach. Wir produzieren diese in CIE-Weißen von 90-160 – also in hohen Weißen. In diesem Qualitätssegment sind wir mit 55 % Marktanteil Marktführer in Europa. Unsere Partner in Deutschland sind Antalis, Berberich und Inapa Deutschland (Ovol)
Die Papiere sind in folgenden Handelsmarken zu finden:
- Antalis: Cocoon Offset und Cyclus Offset
- Berberich: Vivus 80, Vivus 89, Vivus 100 und Vivus 103
- Inapa (Ovol): enviro pure, enviro polar, enviro top, enviro nature sowie tecno polar und tecno pure
Mit welchen Umweltkennzeichen sind die Papiere ausgezeichnet?
Wir sind stolz darauf, unsere Papiere durch zahlreiche Zertifizierungen ausgezeichnet zu haben. Die bestätigen, dass unser Papier umweltfreundlich produziert wird und hohe Standards in Bezug auf Umwelt, Gesundheit und Nachhaltigkeit erfüllt. Das sind also Blauer Engel, Cradle to Cradle, EU-Ecolabel, FSC, PEFC, Green Brand Austria, quality austria sowie TÜV und ISO-Zertifizierungen.
Wo liegt der große Unterschied zwischen Blauer Engel und C2C? Da scheinen sich ja die Geister zu scheiden. Haben beide Labels nebeneinander eine Daseinsberechtigung?
Die Frage ist innerhalb der Druckbranche mächtig diskutiert. Für die Papierbranche kann ich nach intensivem Austausch mit meinem Kollegen Gregor Pamminger, der für unsere Zertifizierungen verantwortlich ist, diese Frage auf jeden Fall mit ja beantworten. Die BE-Zertifizierung haben wir seit vielen Jahren und ich denke, niemand stellt die Sinnhaftigkeit dieses Labels in Frage. Man kennt es einfach als Label, welches für Nachhaltigkeit per se steht. Für Unternehmen die Europa- oder Weltweit aufgestellt sind, hat der BE aber eine zu geringe Aussage, da es über den deutschsprachigen Raum hinweg nicht bekannt ist.
Cradle to Cradle hingegen erlangt eine immer höhere Bekanntheit und steht per se für den Kreislaufgedanken. Die C2C-Zertifizierung für unsere Produkte dauerte 18 Monate und es fanden 38 Produktprüfungen statt. Die Zertifizierer gehen bei der Prüfung so vor, dass sie dem Ursprung des Produktes auf den Grund gehen und von all unseren Lieferanten Infos über die Zusammensetzung einholen.
Besonders hervorzuheben, gilt für mich, dass mit der Zertifizierung die Punkte festgelegt werden, die bis zur nächsten Zertifizierung verbessert werden müssen, um in die nächste Stufe der Zertifizierung zu gelangen. Das heißt die Zertifizierung unterstützt uns in unserem intrinsischen Bestreben danach, ständig unsere Produktionstechnologien und -prozesse in allen Belangen was Qualität, Effizienz und Nachhaltigkeit betrifft, zu verbessern.
Auf welche Produkte dürfen wir uns künftig freuen?
Was plant Lenzing Papier in Zukunft im Bereich der Nachhaltigkeit zu unternehmen?
Wie schätzt du den Druck- und Papiermarkt in Zukunft ein?
Für uns als Qualitäts-Recyclingpapier-Hersteller gilt, dass unsere Kunden nicht auf Qualität verzichten müssen, wenn sie nachhaltig produzieren wollen. Und dass der Ruf nach verantwortungsvollem Handeln immer lauter wird und kein Trend, sondern die Zukunft ist. Das ist für uns sehr positiv. Wir haben mit all unseren Produkten die Antwort auf die Herausforderungen, die Kunden haben, wenn sie auf Print setzen. Alle Anforderungen für Nachhaltigkeit werden erfüllt. Derzeit wird z.B. sehr viel über die Entwaldungsverordnung (EUDR) diskutiert. Diese vielen EU-Gesetze machen es nicht unbedingt einfacher, sich für Print zu entscheiden. Jedoch trifft diese lt. Anhang I der Verordnung nicht auf Recyclingpapiere zu. Daher ist das für uns als Recyclingpapier Hersteller insgesamt positiv.
Wie definierst du ein nachhaltiges Druckprodukt?
Vielen Dank für das interessante Gespräch, liebe Silvia.
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