Die Firma 3Freunde produziert Textilien ökologisch und fair. Sonderanfertigungen, individuelle Schnitte und Farben sind bereits in kleineren Auflagen möglich. Hier im Interview erfährst du, was dieses Unternehmen so einmalig macht.
Das Unternehmen 3Freunde aus Konstanz geht einen einmaligen und ganzheitlichen Weg, um Textilien ökologisch und fair, auch in kleinen Auflagen und mit individuellen Schnitten und Farben herzustellen. In diesem Interview, welches ich mit einem der Gründer führte, erfährst du, was diese Firma so einzigartig macht und wie sich eine ökologische und nachhaltige Textilproduktion von der konventionellen Produktionsweise unterscheidet.
Stefan Niethammer. Möchte die (Textil)-Welt verbessern.
Hallo Stefan,
du bist einer der Mitgründer der Firma 3Freunde. Ihr produziert und bedruckt nachhaltig und ökologisch hergestellte Textilien, wie T-Shirts und Hoodies. Gegründet habt ihr das Unternehmen in einer Zeit, in der Ökologie und Nachhaltigkeit noch nicht so im Fokus der Öffentlichkeit standen, wie dies heute der Fall ist. Wie ist es zu diesem mutigen Schritt gekommen und woher stammt der Firmenname 3Freunde?
Am Anfang standen wir, drei Freunde, die ein gemeinsames Projekt haben wollten und dabei auch noch die (Textil)-Welt verbessern wollten. Wir drei kennen uns von Kindertagen an aus den Pfadfindern und dort lernten wir auch, vermeintlich unmögliches möglich zu machen – und vor allem, es richtig zu machen und nicht nur halbherzig. Und wir sind leidenschaftlich, leben uns in Details aus, die aber einfach Sinn machen. Und so war es dann nur logisch dass wir uns von Biobaumwolle zu Fairtrade-Biobaumwolle und von dort dann zur eigenen Näherei weiterentwickelten.
Ihr betreibt eine eigene Näherei in Indien. Das ist für ein deutsches Unternehmen im Textilgeschäft wohl einmalig. Warum habt ihr diese Näherei gegründet, wie viele Mitarbeiter beschäftigt ihr dort und welche Vorteile ergeben sich hierdurch für eure Kunden in Deutschland?
Und das geht nur mit (zusätzlicher) Übernahme von unternehmerischer Verantwortung. Andere würden es neudeutsch „Commitment“ nennen. Wir wollten einfach sichergehen, dass wir eine transparente Lieferkette anbieten können und unsere Näherinnen und Näher für ihre hervorragende Arbeit existenzsichernde Löhne erhalten- also sich und ihre Familien von ihrer Hände Arbeit ernähren können.
Die aktuell 20 Mitarbeitenden sind unsere größter Pluspunkt: für unsere Kunden können wir schnell und kurzfristig auch komplexere Kleinserien produzieren und das immer mit einer transparenten Lieferkette. Wir bieten damit auch Fotos direkt aus der Näherei und der vorgelagerten Lieferkette – ideal für die interne und externe Kommunikation unserer Kunden.
Wie unterscheiden sich die dortigen Arbeitsbedingungen zu denen in Deutschland oder Europa? Und sind die Arbeitsbedingungen in eurer Näherei anders, als die in anderen indischen Betrieben?
Gerade auch den Verzicht auf Akkordarbeit empfinden die Näher als Wohltat – und wenn jemand erkrankt ist er bei uns selbstverständlich krankenversichert.
Es ist ein wenig Pionierarbeit die Leute von den Vorteilen zu überzeugen, die soziale Sicherungssysteme haben.
Warum habt ihr ausgerechnet in Indien eine Näherei gegründet? Die Türkei, Bangladesch und Vietnam sind nach meinem Wissensstand ja ebenfalls begehrte Standorte für das Textilgeschäft.
Woher bezieht ihr eure Bio-Baumwolle, wie wird sichergestellt, dass diese tatsächlich unter ökologischen und nachhaltigen Bedingungen produziert wird? Wie verhält es sich mit den Bedingungen in der Strickerei und Näherei? Habt ihr auch dort Kontrollmöglichkeiten?
Ab dem Garn wird nur noch sortenrein für uns gestrickt und gefärbt. Somit kann es zu keiner nachträglichen Kontamination kommen.
Da wir in der Näherei ausschliesslich Biostoffe verwenden ist auch hier sichergestellt, dass es zu keiner Kontamination kommt. Zugleich sparen wir durch die ökologische Sortenreinheit sehr viel Aufwand für die Trennung und Dokumentation und sparen entsprechend Kosten.
Wie unterscheidet sich der Anbau von Bio-Baumwolle zum konventionellen Anbau? Wird hier lediglich auf Pestizide verzichtet?
Durch Mischkulturen und Fruchtfolgen wird das Ökosystem insgesamt vitalisiert. Und den Bauern wird die Autonomie über das was er anbaut zurückgegeben.
Gibt es eigentlich belastbare Zahlen dazu, wie viel weniger umweltschädlich ein Bio-Shirt im Vergleich zu einem T-Shirt aus konventioneller Herstellung ist? Gibt es auch Quantifizierungsmodelle für die soziale Dimension?
Bei konventioneller Baumwolle werden die Böden nachhaltig vergiftet und über die Zeit dringen die Pestizide in das Grundwasser vor, verseuchen also die Lebensgrundlage von Bauern, Tieren und der Umwelt. Um Geld zu sparen werden in Färbereien billige und schädliche Färbemittel verwendet, hinzu kommen gewaltige Mengen an Salz für die Fixierung. Um hier weiter Kosten zu sparen, werden die Abwässer in Flüsse geleitet. Flussabwärts entnehmen Bauern das Wasser und vergiften so sich und die Äcker. Neben dem Gift führen die Fixiersalze zur Versalzung der Felder: es wächst nur noch wenig, die Bauern und ihre Familien sind gezwungen ihre Felder aufzugeben und in der Stadt ein Auskommen zu suchen.
Die Landflucht führt zur Verarmung und steigender Kriminalität, Ausbeutung von Kindern und Wanderarbeitern, einer kulturellen Entwurzelung und einer rapiden Veränderung der Gesellschaft. Zugleich wird durch die Aufgabe der Felder die Nahrungsmittelversorgung der Bevölkerung schwieriger bzw. müssen die Erträge mit einem erhöhten Einsatz von Pestiziden und Kunstdüngern auf den verbliebenen fruchtbaren Böden gesteigert werden. Ein Teufelskreis.
Bei GOTS-Biobaumwolle hingegen findet der Anbau der Baumwolle im Einklang mit der Natur statt: es wird ausschließlich organischer Dünger eingebracht und als „Pestizide“ werden natürliche Mittel eingesetzt wie Tinkturen des Neem-Baums. Das Fruchtfolgeprinzip und Mischkulturen reduzieren den Ackerbodenabtrag und bei einem Überangebot von Baumwolle kann der Bauer leicht auf andere Pflanzen wechseln.
Bei GOTS-gefärbten Stoffen dürfen nur Farbstoffe aus Positivlisten verwendet werden und nicht alle Zusatzstoffe sind erlaubt. So sind teilweise fluoriszierende Farben nicht möglich. Die Farb- und Salzabwässer werden in geschlossenen Kreisläufen geklärt und gereinigt, sämtliche Chemie bleibt von den Flüssen fern und schädigen weder Natur noch Menschen.
Welche Produkte bietet ihr standardmäßig an und plant ihr in Zukunft eure Produktpalette auszuweiten?
In 2018 wollen wir ebenfalls noch eine Linie an Laufshirts rausbringen. Diese werden aus recyletem Polyester gefertigt, aus einem Filament-Garn, das echte Hochleistungsprodukte ermöglicht. Und natürlich mit transparenter Lieferkette.
Kann ich meine Textilien bei euch auch individuell nach meinem Schnittmuster anpassen lassen? Ist eine individuelle Färbung ebenfalls möglich? Und falls ja, wie hoch sollte die Mindestauflage sein?
Bei GOTS-Biobaumwolle können wir ab ca. 150 Shirts auch eigene Färbungen anbieten. Bei Fairtrade-Biobaumwolle müssen es ca. 500, besser 1000 Shirts sein, da die doppelte Auditierung sehr hohe Kosten mit sich bringt und sonst nicht wirtschaftlich umsetzbar sind.
Wo bedruckt ihr eure Textilien, welche Farben und Druckverfahren verwendet ihr hierfür?
Der Druck erfolgt je nach Kundenauftrag (Stückzahl, Zeit, Komplexität) entweder in unserer Näherei in Indien oder bei uns in Deutschland. In beiden Fällen verwenden wir auch hier nur GOTS-zertifizierte Farben. Selbst im Digitaldirektdruck verwenden wir ausschließlich GOTS-zertifizierte Farben. So sind Vielfarbendrucke und hochgradige Individualisierung ökologisch, ethisch und qualitativ korrekt möglich.
Aus meiner eigener Erfahrung als Print Produktioner weiß ich, dass nachhaltig hergestellte Produkte (oft) nichts oder nur sehr wenig mehr kosten dürfen. Wie hoch sind die Mehrkosten tatsächlich im Vergleich zu beispielsweise einem konventionell hergestellten T-Shirt? Kannst du uns einen ungefähren Wert nennen?
Wenn wir die gleiche Premium-Qualität an T-Shirts vergleichen, dann liegen wir vielleicht 5-15% über dem konventionellen Produkt. Dabei gilt es aber zu beachten, dass eben nicht nur das Shirt höheren Ansprüchen genügt, sondern auch der Druck. Dieser erfolgt ebenfalls mit GOTS-Bio-zertifizierten Farben.
Vergleiche mit den billigsten Shirts am Markt hinken, denn man vergleicht ja auch im normalen Leben keinen Dacia mit einem Mercedes, obwohl beide vier Räder haben.
Sind eure Textilien eigentlich vegan? Gibt es hierzu konkrete Anfragen? Ich meine, viele gehen vermutlich davon aus, dass T-Shirts immer vegan sind. Sind sie aber nicht, richtig?
Da uns der Aspekt wichtig ist, haben wir in allen Prozess-Stufen Hilfsmittel auf tierische Bestandteile geprüft und können sagen: unsere Produkte sind vegan.
Mit welchen Ökolabels sind eure Textilien zertifiziert? War es eine große Herausforderung diese Zertifizierungen zu bekommen?
Damit haben wir die zwei strengsten und mit GOTS umfassendsten Zertifizierungen am Markt. Hinzu kommen unsere eigenen Prüfungen und Besuche.
Beide Siegel sind nicht schwer zu bekommen, wenn man es richtig macht. Viele Anbieter scheuen sich, weil sie einerseits die entsprechenden Auditierungskosten scheuen, andererseits gerade ein korrektes Färbeverfahren einfach viel mehr Geld kostet.
Und selbstverständlich schränken die Siegel auch die Auswahl an Lieferanten ein. Wenn man eine Billig-Strategie fährt und Lieferanten auspressen möchte, sind beide Siegel nicht optimal.
Stefan, möchtest du abschließend meinen Lesern noch etwas mitteilen?
Hier muss es einen klaren Schnitt geben. Und die Vorgaben dazu müssen vom Gesetzgeber kommen. Dazu muss aber von uns, den Bürgern, den Firmen und Konsumenten das klar kommuniziert werden. Denn jedem muss klar sein: wenn wir Unrecht dauerhaft in unserer Gesellschaft tolerieren, wird es jedem von uns irgendwann selbst auf die Füße fallen.
Die 3Freunde haben 2014 einen Fairtrade Award gewonnen. Hier das Video zur Preisverleihung.
Hier findest du die 3Freunde im Internet
Melde dich für meinen Newsletter an und erhalte Artikel wie diesen bequem per E-Mail. So wirst du ganz nebenbei zum Druckexperten!
2 Kommentare
Mein Mann hat mich gebeten über das Thema T-Shirt bedrucken etwas mehr Informationen zu sammeln. Ich habe nun diesen Blogbeitrag gefunden und finde ihn super! Ich finde es immer klasse mich über neue Dinge zu informieren und mich weiterzubilden.
Super, freut mich, wenn ich helfen konnte!