Heute druckt jede Druckerei besonders umweltfreundlich und nachhaltig.
Aber es gibt sie auch: aufrichtig engagierte Druckereien, die konkrete Umwelt- & Nachhaltigkeitsziele definieren und diese konsequent verfolgen. Eine Druckerei, die ich im Bereich der Nachhaltigkeit für besonders glaubwürdig halte ist oeding print aus Braunschweig. Hier im Interview spreche ich mit Roland Makulla, der dort für das Umwelt-, Qualitäts- und Projektmanagement verantwortlich ist, darüber, was oeding print von anderen Druckereien unterscheidet.
Roland Makulla, oeding print GmbH. Foto: Peter Sierigk
Hallo Herr Makulla, Oeding Print ist ein Vorzeigebetrieb, der für das nachhaltige Drucken in Deutschland steht. Sie bilden mit wenigen Mitbewerbern die Speerspitze dieser Bewegung. Woher stammt die Motivation, sich derart zu engagieren?
motiviert hat, einfach loszulegen. Also haben wir angefangen, kritische Fragen zu stellen: „woher kommt das Papier?“, „sind unsere Farben gesundheitsschädlich?“, „warum setzen wir so viele Gefahrstoffe ein?“. Trotz anfänglichen Fehlschlägen und Widerstand von Seiten unserer Lieferanten haben wir uns nicht entmutigen lassen und schnell gemerkt: wir tun das Richtige!
Sie positionieren sich explizit als nachhaltige Druckerei. Neben der Ökologie spielen im Sinne des Nachhaltigeitsbegriffes zusätzlich soziale und ökonomische Aspekte eine Rolle. In welcher Form engagieren Sie sich hier? Nennen Sie uns bitte ein paar Beispiele.
Ihr Unternehmen ist schon seit 2011 nach dem Umweltmanagementsystem EMAS zertifiziert. Dies setzt die regelmäßige Veröffentlichung einer Umwelterklärung voraus. Sie haben sich dazu verpflichtet, alle umweltrelevanten Daten systematisch zu ermitteln und transparent zu machen. In welchen Bereichen konnten Sie Ihre Umweltleistung seit der ersten Zertifizierung verbessern? Nennen Sie uns doch bitte ein paar Zahlen.
Seit 2010 konnten wir unseren Energieverbrauch pro Tonne bedrucktem Papier von 1.871 kWh/t auf aktuell 630 kWh/t reduzieren. Das entspricht einer Einsparung von gut 70 %.
Ähnlich sieht es bei der Emissionsbilanz aus. Hier konnten wir die Menge an CO2e pro Tonne bedrucktem Papier seit 2010 von 394,50 kg/t auf aktuell 63,94 kg/t verringern. Das sind über 80 % weniger Treibhausgasemissionen.
Und dann noch das Beispiel Papier: 2010 waren wir stolz, dass 14 % des eingekauften Papiers aus nachhaltiger Waldwirtschaft oder Recyclingmaterial stammte. Heute sind es bereits 75 %, Tendenz weiter steigend.
Welche sind die effektivsten oder vielleicht auch interessantesten Einzelmaßnahmen, die Sie in der Vergangenheit umgesetzt haben, um die Umweltleistung Ihres Unternehmens zu verbessern? Gibt es Maßnahmen, die einmalig sind?
Relativ unsexy aber enorm wichtig für unsere Transparenz und Glaubwürdigkeit, war die Einführung eines betrieblichen Umweltmanagementsystems nach EMAS und 14001. Dann die Zertifizierung als eine der ersten Druckereien in Deutschland mit dem Blauen Engel nach DE-UZ 195. Dem strengsten und glaubwürdigsten Umweltlabel für Druckprodukte.
Absolut einmalig war die Entscheidung für unseren Neubau auf der grünen Wiese. Mit unserem mehrfach ausgezeichneten Plusenergie-Gebäude haben wir 2013 ein Leuchtturmprojekt für Energieeffizienz in der Druckbranche umgesetzt. Wir erzeugen fast die gesamte Energie für unseren Gebäudebetrieb über Photovoltaik und Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung und heizen und kühlen ganzjährig mit Abwärme.
Das mehrfach ausgezeichneten Plusenergie-Gebäude von oeding print. Foto: Peter Pohl
Nachhaltiges oder auch umweltfreundliches Drucken sind Begriffe mit einem großen Interpretationsspielraum. Nicht alles, was zunächst gut klingt, entpuppt sich als sinnvolle Maßnahme. Haben Sie Beispiele für Ansätze, die sie nicht weiter verfolgten?
Herr Makulla, Sie haben einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess in Ihrer Druckerei implementiert. Ihre Bestrebungen im Umweltschutz und in der Nachhaltigkeit stehen folglich nie still, obwohl Sie bereits sehr viel erreicht haben. Was haben Sie aktuell umgesetzt und welche Maßnahmen planen Sie für die Zukunft?
Technische und organisatorische Umweltschutzmaßnahmen verursachen Kosten. Ihre zahlreichen Zertifizierungen ebenso. Schlägt sich dies in den Druckkosten nieder oder amortisieren sich diese Ausgaben durch beispielsweise Effizienzgewinne im Druckbetrieb?
Innerbetriebliche Umweltschutzmaßnahmen müssen immer auch von der Belegschaft gelebt und getragen werden. Wie beurteilen Ihre Angestellten Ihr Engagement? Trägt die umweltschonende Ausrichtung Ihrer Druckerei auch dazu bei, Ihre Mitarbeiter im privaten Bereich für dieses Thema zu sensibilisieren? Was können Sie hier beobachten?
Persönlich bin ich auch immer wieder überrascht wie Kollegen/innen, von denen man es eigentlich nicht erwartet hätte, beginnen, auch privat auf Nachhaltigkeit zu achten. Da wird auf Ökostrom umgestellt, mehr Bio eingekauft und plötzlich kommen interessante Fragen mit denen Sie unsere eigene Arbeitsweise kritisch hinterfragen und Schwachstellen im Unternehmen aufdecken.
2019 wurde oeding print mit dem Gütesiegel Green Brands ausgezeichnet.
Sie dürfen auch ganze Druckprodukte nach dem Blauen Engel für Druckerzeugnisse zertifizieren. Welche Voraussetzungen sind hierbei an das Druckprodukt und an die Druckerei zu stellen?
Das eingesetzte Papier verursacht mit Abstand die größten Emissionen bei der Herstellung einer Drucksache. Recyclingpapier ist deutlich umweltschonender als Papier aus Frischfasern. Wie groß ist der Anteil an Recyclingpapieren in Ihrer Druckerei? Was spricht aus Sicht Ihrer Kunden gegen ein Recyclingpapier?
Frischfaserpapiere sind damit aber nicht automatisch „überflüssig“ oder „schlecht“, solange sie aus nachhaltiger Waldwirtschaft stammen. Es kommt immer auf den jeweiligen Anwendungsbereich an. Für brillante Farbwiedergabe, hohe Weißegrade, gewisse technische Anforderungen wie Steifigkeit oder auch für Bezüge ist Frischfaser oft die bessere Wahl. Für einen funktionierenden Recyclingprozess kommt es ebenfalls auf einen gesunden Mix von Frischfaser und Recycling an.
In unserer Umweltbilanz bewerten wir deshalb auch primär den Anteil an zertifizierten Papieren (Recycling und nachhaltige Waldwirtschaft) am gesamten Papiereinkauf. 2018 lagen wir da bei beachtlichen 75 %. Betrachten wir nur Recyclingpapiere, liegen wir aktuell bei etwas über 15 %.
Neben vielen anderen Druckereien bieten auch Sie das klimaneutrale Drucken an. Dieses Thema ist medial stark vertreten. Gefühlt ist es aber so, dass kaum ein Druckereikunde diese Möglichkeit zur Treibhausgas-Kompensation tatsächlich nutzt. Wie verhält sich das in Ihrem Betrieb und warum denken Sie, wird das klimaneutrale Drucken so selten genutzt? Die Kosten sind ja relativ moderat. Fehlt es hier an Glaubwürdigkeit?
Klimaneutrales Drucken basiert auf dem Ansatz des Emissionsausgleichs durch Kompensationszertifikate; einem im Kyotoprotokoll festgeschriebenen Mechanismus. Nach dem Ansatz „vermeiden, vermindern, kompensieren“ angewandt, macht er als letzter Schritt zum Ausgleich der unvermeidbaren CO2-Emissionen durchaus Sinn. Und erfolgt die Umsetzung durch einen seriösen Partner, sehe ich auch kein Problem mit der Glaubwürdigkeit. Als Einzelmaßnahme ist der Vorwurf des „Greenwashing“ allerdings durchaus berechtigt.
Es gibt nicht wenige Druckereien, die auf den grünen Zug aufspringen und ihr Unternehmen als besonders umweltschonend und nachhaltig vermarkten. Und das, obwohl hier nur minimale Maßnahmen ergriffen werden. Alleine die Möglichkeit zum klimaneutralen Drucken veranlasst Druckereien dazu, sich als besonders umweltfreundlich zu präsentieren. Ich sehe Druckereien, die von der UV-Trockung auf eine LED-UV-Trocknung wechseln und das als großen Umweltvorteil verkaufen. Ärgert Sie dieses Vorgehen Ihrer Mitbewerber? Wie gehen Sie mit dem Greenwashing anderer Druckereien um?
Die Auswahl einer umweltfreundlichen Druckerei ist nur die halbe Miete. Auch der Druckereikunde kann viel dazu beitragen, um die Umweltbelastung von Drucksachen möglichst klein zu halten. Welche Maßnahmen können Ihre Kunden ergreifen? Wozu raten Sie?
Wie schätzen Sie den künftigen Markt im Bereich des nachhaltigen Druckens ein? Wie wird sich dieser Ihrer Meinung nach entwickeln?
Herr Makulla, vielen Dank für das spannende Interview!
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