“Ich liebe den Moment der Transformation vom flachen in den räumlichen Zustand. Es hat für mich etwas Magisches, wenn ein dreidimensionales Objekt quasi „aus dem Nichts“ entsteht.” Peter Dahmen
Lieber Peter, du arbeitest als Papierkünstler, entwickelst beeindruckende Pop-Up-Karten und faltbare Kunstwerke aus Papier. Das ist ein exotisches und sehr spezielles Aufgabengebiet. Wie ist es dazu gekommen? Welche Geschichte steckt hinter deiner Passion?
Die große Popularität meiner Arbeiten im Internet führte zu immer häufigeren Anfragen für Pop-Up-Projekte von Kunden aus dem In- und Ausland. Im Laufe der Zeit konnte ich meinen Schwerpunkt immer stärker auf mein Spezialthema legen. Inzwischen bin ich ausschließlich als Pop-Up-Designer und Papierkünstler tätig.
Wie sieht dein Kundenportfolio aus? Entwickelst du auch Kunstwerke aus Papier, die völlig losgelöst von einer Auftragsarbeit sind?
Ich bin selbst ganz erstaunt über die große Bandbreite meiner Aufträge. Sie reicht vom Entwurf kleinformatiger Grußkarten über die Entwicklung von Verpackungen mit Pop-Up-Effekt bis hin zur Entwicklung der Klapptechnik für mehrere Quadratmeter große Bühnenkulissen. Die Auflagenhöhe reicht vom handgefertigten Einzelstück bis hin zu Stückzahlen im hohen fünfstelligen Bereich.
Abgesehen von meinen Kundenprojekten entwerfe ich aber auch freie Arbeiten. Da ich bei meinen Kundenprojekten fast immer farbige, gegenständliche Motive als Pop-Up darstellen muss, liebe ich es, bei meinen künstlerischen Papierskulpturen einen ganz anderen Schwerpunkt zu setzen. Viele meiner Werke sind abstrakt und bestehen nur aus weißem Papier (bzw. Karton). So kann ich mich ganz auf die Schönheit der Bewegung konzentrieren, ohne ein konkretes Motiv abzubilden.
“Rothschild 22”: Pop-Up-Skulptur einer Immobilie in Tel Aviv. BxTxH ca. 68 x 86 x 70 cm
Klar, ein dreidimensionales Objekt aus Papier wirkt anders, als eine flaches Blatt. Was macht die Faszination aus? Was gefällt dir besonders an deinen Werken?
Wie gehst du ran, wenn du eine Auftragsarbeit annimmst? Du hast hier sicherlich Vorgaben bezüglich der Objekte, die du darstellen sollst. Wie sehen die ersten Schritte an einem neuen Werk aus?
Wenn alle wichtigen Punkte geklärt sind, beginne ich mit der Entwurfsarbeit. Dabei fertige ich keine Bleistiftskizzen an, sondern baue von Anfang an Modelle aus Papier. Die ersten Strukturen sind noch recht grob – und ich führe sie meistens auch in deutlich kleinerem Maßstab aus als das finale Objekt. Anhand dieser ersten Modelle kann ich prüfen, wie sich die Idee am besten in ein klappbares 3D-Modell umsetzen lässt. Basierend auf den besten Konzepten baue ich weitere Modelle, die ich Schritt für Schritt optimiere. Erst wenn alle Details perfekt funktionieren, kommt ein Computer zum Einsatz. Ich baue das beste Modell vorsichtig wieder auseinander und scanne alle Elemente auf einem Flachbettscanner. Ich zeichne die Scans in Adobe Illustrator nach und erzeuge Vektordaten, die ich nun am Rechner weiter optimiere.
Und wie verhält sich das bei freien Objekten, die du aus einer rein intrinsischen Motivation heraus entwickelst? Woher beziehst du hier eine Inspiration?
Wie lange benötigst du im Schnitt für ein Objekt und wie viele Entwürfe sind in der Regel notwendig?
Wünscht sich der Kunde ein farbig illustriertes dreidimensionales Motiv, so muss zusätzliche Zeit eingeplant werden, da die Illustrationen erst nach Fertigstellung der faltbaren Struktur angefertigt werden können. Nach Erhalt der Illustrationen muss das Strukturelle Design ein weiteres Mal überarbeitet und an die Illustration angepasst werden, wofür weitere Tage benötigt werden.
Da kann sich jeder gut vorstellen, dass derartige Projekte nicht in kurzer Zeit umsetzbar sind: Pop-Up-Skulptur „Pfau“, freie Arbeit von Peter Dahmen.
Auch die Anzahl der benötigten Zwischenstufen vom ersten „Vormodell“ bis zum fertigen Prototypen variiert stark, je nach Komplexität des Entwurfs. Es ist durchaus üblich, dass ich zu einem Projekt zehn oder mehr Modelle anfertigen muss, bevor ich den finalen Prototypen fertigstellen kann.
Entwickelst du direkt auf Papier oder bemühst du den Computer? Benutzt du Maschinen, wie z.B. einen Lasercutter oder ist das ein rein manueller Vorgang?
Wie verhält sich das bei größeren Auflagen? Hast du hierfür einen Dienstleister / Print Produktioner, der größere Stückzahlen für dich realisiert? Werden deine Objekte auch bedruckt und / oder druckveredelt? Wie werden die Einzelteile in Form gebracht?
Grundsätzlich können die Einzelteile ausgestanzt oder per Laser ausgeschnitten werden. Außerdem gibt es ein innovatives Verfahren, welches die Vorteile einer „klassischen“ Stanzform und einer Laserschnittanlage in einer digitalen Maschine vereint. Welches Verfahren am besten geeignet ist, hängt vom gewünschten Motiv und von der Auflage ab.
Was war dein größter persönlicher Erfolg? Welche deiner zahlreichen Auszeichnungen hat dein Künstlerherz besonders berührt? Und welches Objekt gefällt dir persönlich am besten?
Eine besonders freudige Überraschung war der Erhalt des silbernen „Play-Buttons“ für das Erreichen von mehr als 100.000 Abonnenten auf meinem YouTube Kanal.
Mein liebstes Objekt ist eine abstrakte Pop-Up-Skulptur, die ich vor 30 Jahren entworfen habe. Ich liebe die Klarheit der Form und die fließende Bewegung beim Öffnen und Schließen.
Pop-Up-Skulptur „ohne Titel 13“, freie Arbeit von Peter Dahmen.
Was rätst du Kreativen, die sich selbst an Pop-Up-Karten versuchen möchten? Wie gelingt der Einstieg?
Um den Einstieg zu erleichtern gibt es eine Vielzahl von Buchempfehlungen und kostenlosen Tutorials. Auf meiner Website habe ich eine Sammlung mit vielen hilfreichen Links angelegt.
Was sollte ein potenzieller Kunde berücksichtigen, wenn er einen Auftrag an dich vergeben möchte? Wie sieht es beispielsweise mit der durchschnittlichen Entwicklungs- und Produktionszeit aus?
Um ein Projekt beurteilen zu können, benötige ich möglichst genaue Informationen zu den Wünschen des Kunden. Sprechen Sie mich an, ich berate Sie gerne!
Peter, vielen Dank für diese tolle Interview.
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