UV-Trocknung und der Blaue Engel für Druckerzeugnisse. Wie passt das zusammen?
Ralf Vogl, Geschäftsführer der Druckerei Vogl
Hallo Ralf, für den unwahrscheinlichen Fall, dass meine Leserinnen und Leser dich und die Druckerei Vogl nicht kennen: Gib uns doch einen kleinen Einblick in das, was ihr da unten in München so treibt.
Die Druckerei Vogl ist bekannt als Agenturdruckerei, die sich nicht vor komplexen Jobs scheut und stark in der Kundenberatung ist. Ihr nutzt die UV-Trocknung schon seit langer Zeit und habt euch durch die Bedruckung nicht saugender Bedruckstoffe und Naturpapieren einen Namen gemacht. Und nun habt ihr euch nach dem Blauen Engel für Druckprodukte zertifizieren lassen. Wie passt das zusammen?
Wenn Kunden allerdings ein Höchstmaß an Nachhaltigkeit bei der Printproduktion am Herzen liegt, dann ist natürlich die Produktion nach dem Blauen Engel für Druckerzeugnisse gefragt. Grundsätzlich darf hier nur zertifiziertes 100 % Recyclingpapier eingesetzt werden. Und die richtigen Farben dazu. Wie man mittlerweile weiß, ist der Faktor Papier die größte Stellschraube für Umweltverträglichkeit bei der Printproduktion. Darum ist es für mich auch eine Erweiterung unseres Produktportfolios. Mit dem Blauen Engel können wir jetzt natürlich ganz andere Zielgruppen ansprechen. Nicht entweder oder, sondern sowohl als auch, war für mich wichtig. Wir beraten den Kunden, und finden mit ihm zusammen heraus, welcher Produktionsweg für ihn der Beste ist.
Die UV-Trocknung steht nicht im Ruf, besonders umweltfreundlich zu sein. Es gibt die bekannten Probleme mit dem Papierrecycling, dem höheren Energieverbrauch und dem Eintrag von Polymeren. Wie siehst du das? Welche Argumente sprechen für eine UV-Trocknung?
Der Vorwurf, dass mit UV-Farben bedrucktes Papier in den Sondermüll gehört, ist somit falsch. Aber wie gesagt, vorausgesetzt man setzt Farben ein die nachweislich deinkbar sind. Zum Energieverbrauch: Der ist nur höher, solange man den konventionellen Offsetdruck ohne Dispersionslack als Vergleich heranzieht. Bei unseren Produktionen vor der Zeit mit UV-Offset haben wir jedoch ca. 80 % unserer Druckprodukte mit Dispersionslack lackiert. Damit dreht sich die Energiebilanz im Vergleich wieder zu Gunsten des UV-Offsets.
Klare Vorteile vom UV-Offset sind das brillante Druckergebnis auf ungestrichenem Papier, kein Einsatz von Puder, sofortige Weiterverarbeitung, und der Druck ist geruchsneutral! Aber es gibt natürlich auch Nachteile beim UV-Offset, denn die Farben werden nach wie vor aus Mineralöl gewonnen, Fotoinitiatoren werden mit ca. 8 % hinzugesetzt. Aus Umweltaspekten nicht unbedingt toll, aber in der Gesamtbilanz vernachlässigbar. Aber genau das hat uns eben dazu bewogen, uns mit dem Thema Blauer Engel auseinanderzusetzen. Wir haben uns gefragt, was können wir Kunden anbieten, die Wert auf größtmögliche Nachhaltigkeit legen. Der Blaue Engel ist das bekannteste und glaubwürdigste Zertifikat bei nachhaltigen Printproduktionen und war für uns somit die erste Wahl.
Wie anspruchsvoll ist der Zertifizierungsprozess? Gibt es hierbei besondere Anforderungen in Bezug auf die UV-Trocknung?
- Makulaturquoten
- Gesamt- und Einzelstromverbrauch
- VOC + CO2 Emissionen
- Druckluftoptimierung
- Abfallwirtschaft
- Recycling- und Trennungsquote
Und das sind nur ein paar Punkte.
Die UV-Trocknung wird allerdings vom Blauen Engel ausgeschlossen. Hier drucken wir dann mit relativ neu entwickelten konventionellen Farben eines deutschen Herstellers. Die Vorteile dieser Farben sind:
- absolute Geruchsneutralität
- hohe Scheuerfestigkeit
- sehr schnelle Farbtrocknung
- weniger Wegschlagen der Farbe
- das derzeit nachhaltigste Farbsystem am Markt
An das Druckergebnis vom UV-Offset kommen sie aber nicht ran. Seit kurzem gibt es zu diesen Farben auch alle Pantonefarben und sogar Silber. By the way:
Welche konkreten Einzelmaßnahmen musstet ihr umsetzen, um die Zertifizierung zu bekommen? Musstet ihr baulich an den Maschinen etwas verändern oder andere Roh- und Hilfsstoffe einsetzen?
Wie muss ich mir das in der Praxis vorstellen? Stellt ihr nur die UV-Trocknung ab, wenn ihr Druckprodukte mit dem Blauen Engel produzieren möchtet?
Es gibt einige Stimmen, die behaupten, eine nachhaltige Druckerei muss dieses und jenes Zertifikat vorweisen können, um glaubwürdig zu sein. Wie stehst du zu diesem ganzen Zertifikate-Wahn und dem Greenwashing in unserer Branche allgemein?
Wir wollten einen ersten Schritt in Richtung nachhaltigerer Produktion gehen, und ich denke, das ist uns mit der Zertifizierung zum Blauen Engel gelungen. Zum Thema Greenwashing muss man schon sagen, dass viele Druckereien mit dem Thema Nachhaltigkeit werben. Wenn man sich die Unternehmen aber genauer ansieht, bieten sie hierzu oft nur klimaneutrales Drucken und eine FSC- oder PEFC-Zertifizierung an. Das war für mich einfach nicht ausreichend. Ich wollte in erster Linie für uns wissen, was wir verbessern können. Aber natürlich sind wir hier erst am Anfang und es gibt noch einiges zu tun.
Wie schätzt du den künftigen Markt im Bereich des nachhaltigen Druckens ein? Siehst du hier alsbald eine deutlich größere Nachfrage? Geht eure Positionierung in diese Richtung?
Wie schon am Anfang hervorgehoben, positionieren wir uns nicht als „Die Umweltdruckerei“ schlechthin, das sind wir einfach (noch) nicht. Mit dem Blauen Engel wollen wir dem Kunden die Möglichkeit geben, sich für den einen oder anderen Weg zu entscheiden. Unser Ansatz ist immer die Beratung dazu, denn wir wollen dem Kunden helfen, die richtige Entscheidung zu treffen.
Wie sehen eure weiteren Pläne aus? Folgen weitere Zertifizierungen, z.B. nach EMAS?
Ralf, vielen Dank für das aufschlussreiche Interview.
Immer gerne,, Marko.
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