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nachhaltig drucken

Ganzheitlich statt nachhaltig drucken

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Nachhaltiges Drucken greift zu kurz

Beim nachhaltigen Drucken fokussieren wir uns überwiegend auf zwei Fragen: Welches Papier soll eingesetzt und welche Druckerei beauftragt werden? Im Mittelpunkt stehen also die Produktionsbedingungen. Aber dieses Vorgehen greift deutlich zu kurz, denn es berücksichtigt selten das Produkt- und Projektdesign. Aber genau hier liegen die größeren Nachhaltigkeitspotenziale.
Umweltfreundlich? Nachhaltig? Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit werden nicht nur in der Druckproduktion synonym füreinander verwendet. Das ist nicht ganz korrekt, wird hier aber so übernommen. Ein saubere Abgrenzung findest du im Artikel:  Der smarte Ratgeber zur Auswahl einer Öko-Druckerei.

Nachhaltig Drucken?

Ein Hauptziel beim nachhaltigen Drucken ist die Verringerung von produktionsbedingten Umweltauswirkungen. Wenn beispielsweise durch die Wahl eines Recycling- anstatt Frischfaserpapiers Emissionen eingespart werden, dann sprechen wir von einem umweltfreundlichen Druckprodukt. Und genau das ist falsch: Wir reden hier über eine Relation und nicht über einen absoluten Wert. Ein neues Auto ist nicht plötzlich umweltfreundlich, weil es fünf anstatt zehn Liter Benzin benötigt. Es gibt nicht DIE nachhaltige Drucksache. Vielmehr ist ein Druckobjekt umweltfreundlicher, weil es z.B. weniger Ressourcen benötigt, als eine (beliebige) Referenz. Ein absolut umweltfreundliches Druckprodukt wird es vielleicht nie geben.  Das, was heute als umweltfreundlich und nachhaltig angepriesen wird, muss es morgen, aufgrund z.B. technischer Innovationen, nicht mehr sein. Und daher führt dieses Denken auch in eine Sackgasse. Klar ist: Wir tolerieren ein gewisses Maß an Umweltschäden für unsere Lebensweise und unseren Konsum. Aber:
In welcher Höhe wir negative Umweltauswirkungen für Produkte tolerieren, sollte von der Wertschätzung und Nützlichkeit abhängen, die wir beim Gebrauch empfinden.

Ganzheitlich Drucken!

Was bringt es uns, wenn ein Pizzaflyer auf Recyclingpapier gedruckt wird, aber nach wenigen Sekunden, und ohne eine Bestellung auszulösen, im Papierkorb landet? Ist es sinnvoll, auf eine Folienkaschierung zu verzichten, wenn ein Schulbuch hierdurch vorzeitig altert und weniger Leser findet? Macht es Sinn, einen UV-Lack nicht einzusetzen, und damit auf einen beeindruckenden Effekt zu verzichten, der eine Imagebroschüre enorm aufwertet und eine Botschaft buchstäblich erfahrbar macht?

Es ist nicht unbedingt nachhaltig, auf drucktechnische Möglichkeiten zu verzichten, wenn durch deren Einsatz erfolgreichere Druckprodukte machbar sind. Und was in diesem Kontext erfolgreich ist, muss vorab definiert werden. Wir müssen den Fokus verschieben und die durch eine Drucksache entstandenen Umweltauswirkungen beispielsweise auch an der Nutzungszeit oder Erfolgsquote messen. Wir benötigen also eine ganzheitliche Betrachtungsweise, denn die eigentliche Druckproduktion ist nur ein kleiner Hebel im Gesamtprozess. Das größte Umweltschutzpotenzial liegt in den vorgelagerten Prozessen! Denn:

Niemand will ein umweltfreundliches Druckprodukt!

Was wir eigentlich wollen: Drucksachen, die einen bestimmten Zweck erfüllen und Ziele erreichen. Ob ein Produkt nachhaltig ist, hängt auch davon ab, ob diese Ziele erreicht werden. Die Konzentration auf Emissionen und Ressourcenverbräuche im Druckprozess greift daher deutlich zu kurz. Denn in der Gesamtbetrachtung macht es vielleicht Sinn, beim Druckprodukt eine größere Umweltbelastung in Kauf zu nehmen, um am Ende nachhaltiger zu sein.

Beispiel:

Ein standardisiertes Mailing für ein Finanzprodukt wird auf einem Frischfaserpapier gedruckt und verursacht 150 Gramm CO2 pro Exemplar. Das Ziel ist es, 500 Leads zu generieren:

  • Auflage: 50.000 Stück = 7500 kg Gesamtemissionen
  • Kosten: 0,80 Euro, inkl. Postversand = 40.000 Euro
  • Responsequote: 1 % = 500 Leads = 15 kg Emissionen und 80 Euro pro Lead

Das Mailing wird nun auf ein Recyclingpapier umgestellt und verursacht nur noch 100 Gramm CO2 pro Exemplar.

  • Auflage: 50.000 Stück = 5.000 kg Gesamtemissionen
  • Kosten: 0,90 Euro, inkl. Postversand = 45.000 Euro
  • Responsequote: 1 % = 500 Leads = 10 kg Emissionen und 90 Euro pro Lead

Das Mailing wird nun auf einem höherwertigen Frischfaserpapier gedruckt, konturgestanz und geprägt. Es verursacht 200 Gramm CO2 pro Exemplar.

  • Auflage: 25.000 Stück = 5.000 kg Gesamtemissionen
  • Kosten: 1,00 Euro Stück, inkl. Postversand = 25.000 Euro
  • Responsequote: 2 % = 500 Leads = 10 kg Emissionen und 50 Euro pro Lead

Die Umweltbelastung und die Produktionskosten sinken drastisch, das Kommunikationsziel wird dennoch erreicht. So sieht für mich eine nachhaltige Druckproduktion aus!

Kollektive Gedankenmuster durchbrechen

Die Herausforderung bei dieser Betrachtungsweise liegt zweifelsfrei in kollektiven Gedankenmustern. Denn der größte Teil der Gesellschaft denkt:
  • Der Einsatz von Kunststoffen ist niemals nachhaltig.
  • Auf Recyclingpapier gedruckte Drucksachen sind immer umweltgerecht.
  • CO2-Neutrale Druckprodukte sind umweltfreundlich.
  • Drucksachen müssen recycelbar sein.

So sieht es in vielen Köpfen aus. Wenn jemand aber wirklich von einem Druckprodukt begeistert ist, dieses für Konsum, Unterhaltung oder Bildung nutzt und durch einige Hände wandern lässt, dann stellt sich die Frage nach der Umweltverträglichkeit überhaupt nicht. Warum nicht? Weil das akzeptierte Maß an Umweltauswirkungen viel größer ist, als bei einer unterentwickelten Massendrucksache, die keinen Mehrwert liefert. Und das greift bei vielen Druckprodukten, unabhängig vom Einsatzzweck. Wir müssen uns also viel mehr Gedanken über das Produktdesign machen. Hier liegt der Schlüssel für die Zukunftsfähigkeit von Print! Und wenn ein gut designtes Druckprodukt auf Recyclingpapier funktioniert, ohne Lack, Folie und Kunststoffe auskommt, umso besser. Das ist aber nicht die zentrale Frage.

Durchbrechen wir kollektive Gedankenmuster mit Drucksachen, die richtig zünden, entgehen wir vielleicht auch dem Umweltzertifikate-Dschungel. Klar, Verbraucher und Druckereikunden möchten sich nicht intensiv mit der Produktion nachhaltiger Druckprodukte auseinandersetzen. Wir vertrauen auf Zertifikate, Siegel und Umweltlabel, das ist schnell und einfach, aber leider nur ein schwaches Indiz für eine gewisse Umweltverträglichkeit.

Hier drei Negativbeispiele:

  • Eine Verpackung wird mit dem FSC-Siegel zertifiziert, das Füllgut macht aber nur 40 % des Verpackungsvolumen aus.
  • Eine Werbesendung wird klimaneutral gedruckt, erreicht aber aufgrund eines mangelhaften Produktdesigns und schlecht ausgewählter Adressen nur 1 % Responsequote. 99 % der Ressourcen sind für die Tonne!
  • Ein Verkaufskatalog wird auf Recyclingpapier gedruckt. 70 % der dargestellten Produkte sind aber für den Empfänger völlig irrelevant.

Für mich grenzt dieses Vorgehen an Verbrauchertäuschung. Und das haben sicherlich nicht die Druckereien zu verantworten. Aber ich bin mir sicher:

Wirtschaftliche Zwänge werden in absehbarer Zeit zu deutlich erfolgreicheren Druckprodukten führen (müssen).

Denn Ökologie und Ökonomie sind durchaus miteinander vereinbar, wenn die dem Druck vorgelagerten Prozesse stärker in den Fokus rücken. Und genau an dieser Stelle sehe ich eine hervorragende Möglichkeit für Druckereien, sich neu zu positionieren.

Strategien umdenken

Möchten Organisationen ihre Druckprodukte umweltfreundlicher ausrichten, greift in der Regel ein Mix aus folgenden Strategien:
  • Umweltkriterien finden nur Anwendung, wenn keine oder geringe Zusatzkosten entstehen.
  • Eine nachhaltigere Druckproduktion findet nur statt, wenn es ökologische Alternativen zu etablierten Produkten, Prozessen und Anforderungen gibt.
  • Maßnahmen werden nur ergriffen, wenn diese durch Zertifikate belegbar, und nach außen kommunizierbar sind.

Bei diesem Vorgehen stehen die Produktionsbedingungen im Fokus, das Nachhaltigkeitspotenzial wird nicht im Ansatz ausgeschöpft.

Eine viel sinnvolleres Vorgehen kann es sein, ein Strategie zu formulieren, die beispielsweise so aussieht:

Umweltauswirkungen, Produktnutzen, Wertschätzung und Verkaufserfolg sollen im bestmöglichen Verhältnis zueinander stehen. Das Druckprodukt, das Produktdesign und die Projektgestaltung orientiert sich an diesem Ziel.

Zu abstrakt? Hier ein  Beispiel dazu, wie sich mit einer durchdachten Projektgestaltung Nachhaltigkeitspotenziale nutzen lassen:

  • Ein Onlinehändler reduziert den Seitenumfang seiner Verkaufskataloge von 100 auf 28 Seiten, verschickt dafür aber 20 Versionen. Die einzelnen Kataloge bilden nur noch für den Empfänger relevante Produkte ab. Der Digitaldruck macht es möglich.
  • Zusätzlich fliegen Kunden aus dem Verteiler, die seit mindestens einem Jahr nichts mehr bestellt haben. Diese bekommen stattdessen eine Postkarte: Der Kunde muss sich aktiv um den weiteren Bezug der Kataloge kümmern. Hierdurch reduziert der Händler die Auflage um ein Drittel auf nur noch 20.000 Exemplare. Ohne Umsatzeinbußen!
  • Die gesamte Katalogproduktion wird besser geplant, der Druckprozess wird zeitlich entzerrt. Die Folge: Das größere Zeitfenster in der Druckproduktion erlaubt eine Umstellung auf eine konventionelle Druckfarbentrocknung, anstatt UV-Härtung. Die Kataloge sind nun recyclingfähig.

Bei dem etablierten Vorgehen hätte man den Katalog vielleicht auf ein Recyclingpapier umgestellt und klimaneutral gedruckt. Der Nutzen für Umwelt, Kunden und Unternehmen liegt hierbei deutlich unter dem möglichen Potenzial. Berücksichtigen wir aber die vorgelagerten Prozesse und verfügbare Technologien, sieht das Produkt plötzlich ganz anders aus. Das Unternehmen profitiert, denn die Produktion und Distribution wird deutlich günstiger. Der Kunde mag es, denn er findet nur noch für ihn relevante Inhalte im Katalog, der jetzt viel mehr als Kaufberatung und weniger als Werbung wahrgenommen wird. Natürlich versteht der Kunde auch, dass der neue Katalog deutlich umweltfreundlicher ist. Und das ist er in der Tat, denn der Papierverbrauch hat sich in der Gesamtbetrachtung um satte 80 % verringert. Alle profitieren! Und dieser Prozess steht nicht still. Im nächsten Schritt lässt sich vielleicht auch noch die Papiergrammatur verringern und ein Recyclingpapier einsetzen.

Klasse ist in allen Fällen nachhaltiger als Masse.

Print by Design

Bevor wir uns also fragen, wie wir im Druckprozess möglichst umweltschonend vorgehen können, sollten wir analysieren, welche Ziele mit dem Druckprodukt eigentlich verfolgt werden. Ist klar, was wir uns von einer Drucksache versprechen, dann können wir das Produkt und das Projekt entsprechend designen. Das Erreichen definierter Ziele hat möglicherweise mehr mit Nachhaltigkeit zu tun, als das eingesetzte Substrat und die Produktionsbedingungen. Denn gut entwickelte Drucksachen können beispielsweise die Wertschätzung und Preisbereitschaft steigern, Druckauflagen reduzieren, Responsequoten und Nutzungszeiten erhöhen. Nur eine ganzheitliche Betrachtungsweise liefert Lösungen, die Unternehmen, Kunden und der Umwelt gleichermaßen nützlich sind. So funktioniert Nachhaltigkeit!
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Marko Hanecke

schreibt und spricht über Wissenswertes aus der grafischen Industrie und seinem Berufsalltag als Print-Produktioner. Er ist ausgebildeter Drucker, Industriemeister Print und Druckingenieur. Marko weiß, dass analoge Kommunikation maßgeschneiderte Kleidung für Informationen und Produkte sein kann. Er liebt gut gemachte Drucksachen, seine Schallplattensammlung, Reisen und das Leben an sich.

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