Warum das PANTONE-System besser ist als sein Ruf (wenn man richtig damit umgeht).
PANTONE ist das beliebteste und gleichzeitig am meisten gehasste Kommunikationssystem in der Druckindustrie. Geliebt von Designern und Markenartiklern, weil es eine große Auswahl an Farben liefert. Gehasst von Druckereien, weil es immer wieder zu Reklamationen, erhöhtem Korrekturaufwand und Mehrkosten führt.
PANTONE ist grundsätzlich ein sehr gutes und brauchbares System, wenn man die Grenzen kennt, akzeptiert und die richtigen Bausteine korrekt verwendet. Es gibt eine Menge Vorstellungen und Ansichten darüber, was PANTONE ist und wie man damit umgehen kann. Viele davon sind leider komplett falsch! Und das kostet sowohl die Druckauftraggeber als auch die Druckereien eine Menge Zeit, Geld und Nerven.
Dieser Artikel soll dazu beitragen, mit den Irrtümern aufzuräumen und einen Weg zeigen, wie man das System so zu seinem Vorteil nutzen kann, dass Farb-Reklamationen fast völlig wegfallen und Druckabnahmen komplett überflüssig werden.
Irrtum Nr. 1: PANTONE ist ein Standard
PANTONE-Fächer sind Druckerzeugnisse und diese haben nun einmal Toleranzen, die auch bei neuen Fächern schon weit über dem liegen können, was z.B. für eine Verpackung akzeptabel ist.
Einige der PANTONE-Grundfarben sind nicht lichtecht. Außerdem enthält das Papier optische Aufheller. Dadurch verändern sich die Farben mehr oder weniger schnell, wenn Fächer Licht ausgesetzt sind. Deshalb ist ein PANTONE-Fächer auch nur ein Jahr gültig, und zwar ab dem Zeitpunkt, an dem er aus der Folienverpackung genommen wird. Auf der Rückseite ist dafür extra ein Feld vorgesehen, in dem man das Datum eintragen sollte.
Erschwerend kommt noch hinzu, dass die Fächer nun einmal benutzt, sprich, in die Hand genommen, auf- und zugeklappt und mit den Fingern berührt werden. Das führt zu Verschmutzungen und Kratzern, die den Farbeindruck ebenfalls beeinflussen können.
Im Verpackungsdruck sind jedoch häufig viel kleinere Toleranzen erforderlich, die gedruckte Fächer nicht einhalten können.
Irrtum Nr. 2: PANTONE-Fächer sind Druckvorlagen
Mit dem GOE-Fächer hatte PANTONE 2009 ein System geschaffen, dass allen Anforderungen der Druckindustrie, sowie der Designer und Agenturen in Bezug auf Schichtdicke, Farbauswahl usw. gerecht geworden ist. Leider gab es wenig Bereitschaft, sich umzustellen. Stattdessen wurde weiter an dem 45 Jahre alten und bekannten System festgehalten und sich weiter über dessen Unzulänglichkeiten beschwert. 2014 wurde das GOE-System deshalb wieder eingestellt.
Irrtum Nr. 3: Die Color Bridge zeigt genau, wie die Farbe im CMYK-Druck aussieht
Die Separation in Skalenfarben erfolgt mit dem Profil ISOcoatec_V2. Das entspricht dem standardisierten Offsetdruck auf gestrichenem Papier nach der Norm ISO12647-2. Wenn jedoch andere Bedruckstoffe oder Druckverfahren eingesetzt werden, führen die angegebenen Separationen nicht zum gleichen Ergebnis.
Irrtum Nr. 4: Mit den Farbrezepten erreicht man problemlos den gewünschten Farbton
Mit dem angegebenen Rezept erhält man ohne großen Aufwand einen Farbton, der dem Original schon nahekommt. Den exakt gleichen Farbton würde man aber nur erreichen, wenn man die gleichen Druckfarben, den gleichen Bedruckstoff und die gleiche Schichtdicke verwendet. In der täglichen Praxis müssen aber eine Vielzahl unterschiedlicher Materialien mit verschiedenen Druckverfahren und meist mit einer geringeren Schichtdicke bedruckt werden.
Die Lösung des Problems heißt: Digitale Farbkommunikation!
2010 ist der neue PANTONE PLUS Fächer erschienen, dessen Daten nach dem neuen XRGA-Standard für Farbmessgeräte eingemessen wurden. Die Werte sind nun in allen Messgeräten und Anwendungen gleich (X-Rite, Adobe, Esko Graphics …). Bei Erweiterungen des PANTONE PLUS Fächers bleiben die Daten für die bereits bestehenden Farben erhalten.
Wer mit älteren Messgeräten oder Softwareversionen arbeitet, sollte prüfen, ob die digitalen PANTONE-Datenbanken auf dem aktuellen Stand sind.
Für die digitale Farbkommunikation bietet PANTONE folgende Lösungen an.
PANTONE LIVE
PANTONE DIGITAL
My PANTONE APPS
PANTONE Color Manager
PANTONE-Lighting Indicator Stickers
Zusammengefasst ist bei der Nutzung des PANTONE-Systems zu Farbkommunikation das Folgende zu beachten:
- Was der Auftraggeber auf seinem Farbfächer sieht, ist keine eindeutige und damit auch keine farbverbindliche Vorgabe. Deshalb ist eine Farbabweichung zum Druck kein Reklamationsgrund.
- Nicht jede PANTONE-Farbe kann auf jedem Druckprozess erreicht werden. Deshalb müssen verschiedene prozessabhängige Standards definiert und auch akzeptiert werden.
- Nur bei der Verwendung von digitalen Farbwerten* kann man von eindeutigen Farbvorgaben sprechen und dann kann man auch Farbtoleranzen vereinbaren.
(*Digitale Werte können auch von vereinbarten Farbmustern eingemessen werden.)
Infos zum Autor
Dipl. Physiker Uwe Richter
Mail: richter@farbkommunikation.com
Web: farbkommunikation.com
Jahrgang: 1962
Physikstudium in Chemnitz
25 Jahre Erfahrung:
- im Vertrieb und Anwendung von Farbmesstechnik und Software
- in der Standardisierung von Druckprozessen
- in der Erstellung und Optimierung von Profilen und DeviceLinks
- in der Optimierung der Farbrezeptierung.
Herr Richter hat einige hundert Seminare und Vorträge zu Farbmetrik/-messtechnik, ColorManagement, Farbkommunikation, Standardisierung und Farbrezeptierung gehalten.
Für z.B. Müller-Milch hat er Projekte zur Verbesserung der Farbkommunikation durchgeführt.
Melde dich für meinen Newsletter an und erhalte Artikel wie diesen bequem per E-Mail. So wirst du ganz nebenbei zum Druckexperten!
Du hast Anregungen? Dann schreibe einen Kommentar!