Die vegane Bewegung ist längst in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen. Das haben auch ein paar wenige Akteure der Druckbranche erkannt.
Hallo Paul, mit deiner Druckerei DeineStadtKlebt verkaufst du online eine große Auswahl an Aufklebern und Etiketten. Triviale Produkte, könnte man meinen. Wie bist du auf die Idee gekommen, dich ausgerechnet auf den Druck von Aufklebern zu spezialisieren? Bedienen die großen Onlinedrucker nicht längst dieses spezielle Segment?
Das Geschäft scheint zu laufen. DeineStadtKlebt.de existiert bereits seit 2002. Wie hat sich seither dein Betrieb und der Markt entwickelt? Welches Kundensegment bedient ihr überwiegend?
Der Absatzkanal von Aufklebern ist inzwischen fast ausschließlich online. Sei es aus Preisgründen oder weil es schnell und einfach ist:
Wir haben uns zum Glück rechtzeitig mit dem Online-Segment befasst, sodass wir nicht hinten dran hingen, sondern im Gegenteil schon recht früh einen eigenen Onlineshop auf die Beine stellen konnten (2006). Inzwischen sind wir mit sehr vielen Druckereien in Deutschland vernetzt, die Ihre Aufkleber als Reseller zum Teil sogar über uns drucken. Alles über Schnittstellen und über das Internet.
Bei uns im Shop bedienen wir sowohl Endkunden, als auch Firmenkunden und Wiederverkäufer. Zum größten Teil kommen unsere Kunden aus dem B2B- Bereich, da für viele Endkunden das Anlegen von Druckdaten eine Hürde darstellt. Dieses Know-How bringen Unternehmen, Organisationen, Agenturen, Veranstalter und Co. bereits mit. Für Kunden, die Hilfe beim Anlegen der Druckdaten oder Gestaltungsvorschläge benötigen, haben wir einen kostengünstigen Grafikservice oder einen Profi-Druckdatencheck, den wir bei der Bestellung mit anbieten. Kleinere Mengen produzieren wir in der Regel im Digitaldruck und große Auflagen im Sieb- oder Offsetdruck. So bekommt jeder Kunde, was er benötigt: Von der privaten Autobeklebung bis hin zur Massenetikettierung eines Produktes oder einfach nur Promo-Sticker.
Eure Aufkleber sind nachweislich vegan. Als europaweit erstes Druckdienstleistungsunternehmen hat ProVeg Deutschland kürzlich eure Produkte mit dem V-Label ausgezeichnet. Wofür benötigt es dieses Siegel? Sind Aufkleber nicht per se Vegan?
Wegen dieser Gesetzeslücke und Unklarheit werden Kunden oft an der Nase herumgeführt. Und das sorgt natürlich für Verunsicherung. Das V-Label ist eine anerkannte und sichere Orientierung auf dem Veggie-Markt und garantiert den Verbrauchern tierleidfreie Inhaltsstoffe und Produkte ohne Tierversuche. Die Sicherheit und Transparenz, die das Qualitätssiegel mit sich bringt, wollten wir unseren Kunden bieten, denn die tierleidfreie Aufkleberproduktion ist eben keine Selbstverständlichkeit. Oft werden Horn- und Knochenreste von Tieren verwendet, damit die Haftfolie einen höheren Weißgrad erhält. Fast alle Etiketten- und Aufkleberklebstoffe basieren außerdem auf dem Milchprotein Kasein. Und das ist nicht vegan.
Mit dem V-Label schaffen wir für unsere Kunden Transparenz und erleichtern die Kaufentscheidung. Mit der Auszeichnung können sich unsere Kunden sicher sein, dass die veganen Aufkleber bei uns tatsächlich tierleidfrei sind und dies nicht bloß ein leeres Werbeversprechen ist. Alle verwendeten Inhalts- und Hilfsstoffe, auch die der Zulieferer, wurden vom V-Label vor der Auszeichnung geprüft. Und natürlich glauben wir auch daran, mit der V-Label Auszeichnung neue Kunden für unsere veganen Aufkleber zu gewinnen.
Ok, wenn ich dich richtig verstehe, dann ist es möglich, Lebensmittel und Getränke tierfrei zu bewerben, obwohl die Produkte selbst oder deren entsprechenden Verpackungen nicht zwingend vegan sein müssen. Ein Widerspruch? Ist das in den entsprechenden Kreisen ein großes Thema?
Wie sieht es mit der Nachfrage aus? Gibt es für vegane Aufkleber und Etiketten tatsächlich einen nennenswerten Markt? Welche Motivation steckt hinter eurem Engagement? Basiert auch deine Ernährung auf tierfreien Zutaten?
Für mich persönlich kann ich sagen, dass meine Ernährung in jedem Fall bewusster geworden ist und ich mir die Produkte sehr genau nach Herkunft und Haltung anschaue. Das habe ich früher nicht getan. Vegan schaffe ich nicht immer, aber ich versuche mich schon bewusst dran zu halten, sofern es geht. Mein größter Respekt gilt allen, die es wirklich schaffen.
Wie lief der Zertifizierungsprozess ab? Sicherlich musstet ihr eure gesamte Zulieferkette offenlegen und alle Stoffe, die in euren veganen Aufklebern vorkommen, deklarieren. Wie groß sind die Hürden, wenn man sich um eine derartige Transparenz bemühen möchte? Ziehen da alle Zulieferer gleich mit?
Keiner will verraten, aus welchen Stoffen sich die Produkte zusammensetzen. Oft steht nur ein technisches Datenblatt mit Informationen zur Verfügung. Wir haben da lange Anläufe unternehmen müssen. Als wir den Spieß jedoch umgedreht und nach Inhaltsstoffen gefragt haben, die nicht im Produkt enthalten sind, erst dann haben wir entsprechendes Feedback mit den nötigen Infos erhalten. Ich würde sagen, dass einer von zehn Herstellern offen genug ist, darüber zu sprechen und bereit ist, dies von ganz oben auch schriftlich zu bestätigen mit Siegel, Stempel und Unterschrift.
Das V-Label bestätigt tierfreie Produkte. Stellt diese Auszeichnung auch sicher, dass alle Stoffe frei von Tierversuchen sind?
Was habt ihr durch den Zertifizierungsprozessgelernt? Gab es hier größere Aha-Momente?
Gelernt haben wir, dass es mit stetiger Arbeit, konsequentem Nachhaken, Geduld und vielen Schweißtropfen möglich ist, so etwas zu schaffen. Und damit meine ich auch die Entwicklung neuer Produkte. Ich finde als Produzent haben wir auch eine gewisse Verantwortung, bessere und umweltfreundlichere Alternativen beizusteuern. Der Kunde kann ja am Ende noch selbst entscheiden, was er wie bedrucken möchte und wie viel er dafür bereit ist zu investieren. Im Gegensatz zu anderen Druckereien bieten wir nun aber eben auch nachweislich eine bessere Alternative zu konventionellen Aufklebern und nicht nur so dahergeredet.
Engagiert ihr euch auch mit anderen Maßnahmen im Bereich Tier- und Umweltschutz? Welche Pläne verfolgt ihr hier?
Wir haben auch viele Partner und Vereine aus den Bereichen Tier-und Umweltschutz, die wir bei Aktionen mit unseren Stickern unterstützen. Die erhalten bei uns spezielle Rabatte oder andere Vergünstigungen. Wenn es zu unserer Unternehmensphilosophie passt und der Redaktionsplan es zulässt, bieten wir auch unsere Reichweite auf den Social Media Kanälen oder unserem Unternehmensblog mit an. So können wir auf unterstützenswerte Projekte hinweisen und noch mehr Personen damit erreichen. Wir sind da sehr offen und jeder, der sich mit einem nachhaltigen Thema beschäftigt, oder sich für das Wohl der Tiere, der Menschen und der Umwelt einsetzt und Unterstützung benötigt, kann sich dazu bei uns melden.
Zu guter Letzt eine persönliche Einschätzung: Was denkst du, wie wird sich die Druckbranche entwickeln? Welchen Stellenwert wird Print in den kommenden Jahren einnehmen?
Eine Zeitung kannst du dir inzwischen digital angucken. Essen kannst du online bestellen. Aber das, was du isst oder womit du herumfährst sind Dinge, die du anfassen und sehen kannst. Und die werden beschriftet, mit einem Label versehen und beklebt. Auch noch in 100 Jahren. Wir bemerken grade einen Hype – vor allem aus Großstädten – lokale Produkte und Lebensmittel auch nachhaltig zu branden. Das wird auch so weitergehen. Ich sehe daher Print nicht vom Aussterben bedroht. Der Markt wird jedoch fokussierter werden und speziellere Produkte werden gefragt sein. Wir haben mit dem Nischenprodukt der Aufkleber und Etiketten aber in jedem Fall eine Daseinsberechtigung. Wenn wir genauso dranbleiben und weitermachen wie bisher, dann helfen wir auch in den nächsten 17 Jahren, die Leute mit innovativen, guten und nachhaltigen, klebenden Produkten zu versorgen. Und wenn wir uns nicht selbst verklebt haben, dann kleben wir auch morgen. Alles andere ist Kleberwurst.
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